27. August 2017

CSI-Hilfe für einst vertriebene Familien

Im Juni 2017 besuchte ein CSI-Team die Ninive-Ebene im Nordirak, die der Islamische Staat 2014 weitgehend erobert hatte. Inzwischen wurden die Dschihadisten vertrieben und die ersten Familien kehren zurück. Sie stehen vor gewaltigen Herausforderungen und benötigen Hilfe.

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 Baqofa, ein kleines christliches Dorf nördlich von Mosul. Gerade geht die Sonne unter. Einige Kinder spielen in den ausgestorbenen Straßen und tauschen die wenigen englischen Wörter aus, die sie kennen. Sie wollen die Ausländer beeindrucken, die sie besuchen kommen. Ihre Augen sind voller Hoffnung und Freude: Nach drei Jahren sind sie endlich wieder zu Hause. Auch ihre Eltern sind glücklich und erleichtert. In ihren Blicken erkennt man jedoch auch Besorgnis darüber, wie lange diese Atempause wohl dauern wird.

Die Dschihadisten in Baqofa

Vor 2014 hatte das uralte Dorf Baqofa etwa 600 Einwohner. Als der Islamische Staat (IS) im August 2014 fast die gesamte Ninive-Ebene einnahm, blieben nur einige ältere Leute zurück, die sich in ihren Häusern versteckten. Zwei Wochen später zog sich der IS zurück und Baqofa fiel wieder unter die Kontrolle der Peschmerga (die Streitkräfte von Kurdistan). Da die gefährliche Front des IS nur drei Kilometer entfernt war, kehrten die vertriebenen Bewohner nicht zurück.

Am 3. Mai 2016 nahm der IS Baqofa und die nahegelegene Stadt Telskuf erneut ein. Die Peschmerga – mit Luftunterstützung der internationalen Koalition unter Führung der USA – drängten den IS zwar innert weniger Stunden wieder zurück. Doch die heftigen Kämpfe beschädigten unter anderem die Wasserversorgung, so dass das Wasser nicht mehr trinkbar ist.

Die ersten Familien kehren zurück

Seit mehr und mehr Gebiete aus den Händen des IS zurückerobert werden, kehren einige Familie zurück. In Baqofa leben bei unserem Besuch 30 Familien. Das Dorf scheint jedoch weiterhin wie ausgestorben.

In Telskuf, vormals ein Handelszentrum mit etwa 10 000 Einwohnern, wohnen bereits 630 Familien. Langsam kehrt wieder etwas Leben in der Stadt ein. Einige Läden haben bereits wieder geöffnet. Großen Umsatz machen sie jedoch nicht: Die frühere Hauptkundschaft, die Araber und Jesiden aus den umliegenden Ortschaften, wird an den Peschmerga-Checkpoints zurückgewiesen.

Die Kirche übernimmt Rolle der Behörden

In einer Kirche in Telskuf treffen wir Salar Boudagh, den Pfarrer von Telskuf und Baqofa. Er stammt aus der Region, aus Alqosh, das für sein Kloster in den Hügeln Kurdistans berühmt ist. Nach siebenjähriger Ausbildung in Italien war er im Jahr 2015 in den Irak zurückgekehrt.

Pfarrer Salar erzählt uns aus seinem Alltag, von seinen Aktivitäten für die Kirchgemeinde, den Wiederaufbauprojekten, die er überwacht. Er berichtet von den zahlreichen Herausforderungen, vor denen er steht, und von seiner Vision für die Zukunft. Fast scheint es, als sprächen wir mit dem Stadtpräsidenten und nicht mit dem Pfarrer. Tatsächlich nimmt Pfarrer Salar viele Behördenaufgaben wahr. Es gibt zurzeit keine zivilen Behörden.

«Dass die Kirche die Behördenaufgaben übernimmt, ist kein Modell für die Zukunft», sagt Pfarrer Salar müde, als wir ihn darauf ansprechen. Die vielfältigen weltlichen Aufgaben, die zu seinen geistlichen Aufgaben dazukommen, lasten offensichtlich schwer auf ihm. Er hat nur wenig Hoffnung, dass sich die Situation bald ändert: «Weder Bagdad noch Erbil kümmern sich um uns», erklärt er. «Wir haben keine andere Möglichkeit, als unser Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen.» Noch ist die Frage nicht gelöst, ob das Gebiet unter die Kontrolle der irakischen Regierung in Bagdad oder der Kurden (Erbil) kommt.

Trotzdem bleibt der Besuch ein Zeichen der Hoffnung. Pfarrer Salar ist entschloßen, sich ganz in den Dienst seiner Gemeinde zu stellen, den Wiederaufbau zu koordinieren und sogar Ausbildungsmöglichkeiten für die arbeitslosen Jugendlichen zu schaffen. Dass diese im Irak bleiben können, ist ihm ein ganz besonderes Anliegen.

Hélène Rey

 


 

Hilfsprogramm für Rückkehrer

Die Reise war der Beginn einer breit angelegten Hilfsaktion für Rückkehrer-Familien in der Ninive-Ebene. In Baqofa und Telskuf verteilten wir über 200 Wasserfilter an zurückgekehrte Familien. Diese erlauben es ihnen, aus dem verschmutzten Wasser Trinkwasser herzustellen. Im Westen von Mosul bekamen mehr als 300 Familien, die erst kürzlich aus den Händen des IS befreit worden waren, ein Lebensmittelpaket. In zwei abgelegene Dörfer der Kakai, einer kleinen religiösen Minderheit, brachten wir über 400 Körbe mit Hygieneartikeln.

Unsere Partner von der Hammurabi-Menschenrechtsorganisation setzen die Aktion fort. Sie überprüfen die Situation laufend und ermitteln, wo welche Hilfe am nötigsten ist. Die Rückkehrer-Familien lebten fast drei Jahre als Flüchtlinge in einem fremden Gebiet. Jetzt kehren sie – häufig mittellos – in ihre zerstörte Heimat zurück und müssen sich eine ganz neue Existenz aufbauen. CSI unterstützt sie dabei.

 

Möchten Sie die vertriebenen Christen im Irak bei ihrer Rückkehr unterstützen? Hier können Sie spenden, vielen herzlichen Dank.

 

 

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