30. November 2016

Ziegelofen-Mord: Fünf Muslime zum Tode verurteilt

Es ist eines der schlimmsten Blasphemiemorde: Am 4. November 2014 wird das christliche Ehepaar Shahzad Masih und Shama Bibi wegen angeblicher Gotteslästerung gefoltert und bei lebendigem Leibe in einem Ziegelofen verbrannt. Nun hat ein Anti-Terror-Gericht in der pakistanischen Grossstadt Lahore fünf beschuldigte Muslime zum Tode verurteilt.

pak161130neu

Die Verurteilung erfolgte am 23. November 2016. Die fünf Muslime Irfan Shakoor, Muhammad Hanif, Mehdi Khan sowie Riaz Kamboh und Hafiz Ishtiaq hatten zur Gewalt gegen Shahzad Masih (26) und seine schwangere Frau Shama Bibi (24) aufgerufen und sie in einen brennenden Ziegelofen geworfen. Acht weitere Mittäter wurden zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt.

Entsorgung von Papierblättern löste Gewalt aus

Das Unheil begann am 2. November 2014: Shama reinigte ihre Unterkunft im Dorf Chak 59 bei Lahore. Dabei fand sie einige Blätter ihres vor einer Woche verstorbenen Schwiegervaters. Shama, die Analphabetin ist, verbrannte diese auf Arabisch gedruckten Seiten, die möglicherweise Koranverse enthielten. Der muslimische Mitarbeiter Muhammad Irfan entdeckte die halb verbrannten Blätter und beschuldigte darauf die Familie, den Koran geschändet zu haben.

Am nächsten Tag waren Shama und ihr Mann Shahzad an ihrem Arbeitsort, einer Ziegelei. Plötzlich hörten sie, wie ein Mob von mehreren 100 Personen sich ihnen näherte und über Lautsprecher den Tod der beiden «Gotteslästerer» forderte. Shahzad flehte seinen Chef Yousuf Gujjar an, ihn und seine Frau fliehen zu lassen. Doch Yousuf weigerte sich, weil Shahzad angeblich noch Schulden bei ihm hatte und diese abarbeiten müsse.

Qualvoller Tod

Kurz darauf wurde das mittellose christliche Ehepaar von den wütenden Muslimen gepackt. Sie rissen den beiden die Kleider weg, verprügelten sie, brachen ihnen die Beine und schleiften sie, angebunden an einen Traktor. Schliesslich warfen die Mörder die schwerverletzten Shama und Shahzad in den brennenden Ziegelofen. Das getötete Ehepaar hinterliess drei kleine Kinder, die seit der Schreckenstat bei den Grosseltern leben.

Der brutale Vorfall hatte in Pakistan und auch international grosses Entsetzen und Empörung ausgelöst. Medienschaffende und Zivilgesellschaften drängten die pakistanische Regierung, in diesem Mordfall aktiv zu werden. Nun sind am 23. November 2016 insgesamt 13 Männer verurteilt worden, fünf davon zum Tode. Diese müssen zudem je eine Busse von umgerechnet 1900 Dollar bezahlen.

Urteil lässt Minderheiten hoffen

Anwalt Riaz Anjum, der Shamas Vater vertritt, erklärt gegenüber dem christlichen Nachrichtenportal «Morningstarnews»: «Das Gerichtsurteil ist eine ermutigende Nachricht für die christliche Gemeinschaft in Pakistan. Die Familien von Shama und Shahzad litten zusätzlich unter dem heftigen Druck der Öffentlichkeit, keine Anzeige gegen die Täter zu erstatten. Dies obschon der Staat als Kläger versuchte, den Hinterbliebenen gerade diesen Druck zu nehmen.»

Zwar, so Anjum weiter, seien über 50 Personen im Lynchmord verwickelt gewesen, die straffrei davon gekommen sind. Familienangehörige von Shahzad hätten deren Anwesenheit beim Mord verneint. Dennoch hofft der Anwalt, dass das Todesurteil gegen die fünf Männer ein ernsthaftes Signal setzen wird, dass Gewalttaten gegen die Minderheiten in Zukunft nicht mehr ungestraft bleiben.

Arbeitgeber hätte Mord womöglich verhindern können

Offen bleibt die Fragen welche Rolle der Arbeitgeber von Shama und Shahzad, Yousuf Gujjar, spielte. Es gibt widersprüchliche Aussagen, ob Yousuf in den Lynchmord involviert war oder nicht. Doch unabhängig davon macht die Anwältin Aneeqa Maria ihn für den Tod des Ehepaars verantwortlich: « Shahzad und Shama könnten heute immer noch am Leben sein, wenn Yousuf Gijjar sie vor dem Mob hätte fliehen lassen.»

Trotzdem begrüssen christliche Menschenrechtsaktivisten den Entscheid des Gerichts. Sajid Ishaq, Vorsitzende der «Pakistan Interfaith League» (PIL), bezeichnet das Urteil als schwierig aber gerecht. «Durch dieses Urteil fühlen sich die Minderheiten besser geschützt. Ihr Vertrauen in die pakistanische Justiz ist erheblich gewachsen.»

 

Reto Baliarda

Quelle: msn

 

Weiterer Bericht:

Prophetenbeleidigung – Vorwurf mit Todesfolge