26. Juni 2018

1200 Menschen erheben ihre Stimme für leidende Christen

Ein starkes Zeichen für bedrängte Christen: Rund 1200 Menschen hatten sich am 23. Juni 2018 auf dem Berner Bundesplatz für die Kundgebung «verfolgung.jetzt» eingefunden. Die Bedeutung des Themas wurde auch durch die aktive Teilnahme von vier Nationalratsmitgliedern und drei Direktbetroffenen unterstrichen. CSI wirkte unter anderem mit einem Gebetszelt an diesem Grossanlass mit.

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Der Bundesplatz hatte sich am Samstag, 23. Juni 2018, zu einem grossen Open-Air-Begegnungszentrum verwandelt. Hunderte Personen, die aus der ganzen Schweiz angereist waren, standen für die Millionen Christen ein, die wegen ihres Glaubens bedroht, beschimpft, misshandelt und im Extremfall sogar getötet werden. Auf der grossen Live-Bühne neben dem Bundeshaus wurde während drei Stunden durchgehend ein abwechslungsreiches Programm angeboten.

Gerhard Pfister: «Zunehmende Bedrohung»

Die vom Berner EVP-Grossrat Marc Jost moderierte Podiumsdiskussion stand ganz im Zeichen der Christenverfolgung und des Beitrags, den die Schweiz für die leidenden Christen leisten kann. Vier Nationalratsmitglieder nahmen an diesem Gespräch teil.

CVP-Nationalrat Gerhard Pfister macht sich Sorgen über die zunehmende Bedrohung von Christen in vielen Ländern. «Neun von zehn Ländern, in denen Menschen um ihres Glaubens willen verfolgt werden, sind islamische Staaten», bemerkt er. Hier müsse man sich einer Entwicklung entgegenstellen, die in den letzten Jahren an Dramatik zugenommen habe. Pfister bedankte sich bei den Schweizer Organisationen, die sich für verfolgte Christen engagieren. «Diese Organisationen muss man unterstützen!» Der Parteipräsident der CVP ging auch auf die Entwicklungszusammenarbeit ein, die er sehr schätze. Gleichzeitig sollte die Schweiz von ihren Partnerländern fordern, dass diese die Christen vor Verfolgung schützen.

Marianne Streiff: «Sprechen Sie darüber!»

EVP-Nationalrätin Marianne Streiff erklärte, warum sie sich im Speziellen für verfolgte Christen einsetzt: «Die Qualen, die Christen in der Anfangszeit auf sich nahmen, haben mich immer beschäftigt.» Ausserdem reagiere sie sehr sensibel auf Ungerechtigkeit. Streiff ermutigte die Teilnehmenden, die Christenverfolgung auch ausserhalb dieses Events zu thematisieren: «Sprechen Sie darüber!» Schliesslich appellierte sie auch an die Kirchen: «Wir sind manchmal Wohlfühl-Kirchen geworden und kümmern uns um unser Wohlsein.» Dabei müsse gerade in den Kirchen dringend über die bedrängten Christen gesprochen und für sie gebetet werden.

Laurent Wehrli: «Wir müssen wachsam sein!»

Einen ähnlichen Appell richtete auch FDP-Nationalrat Laurent Wehrli an die Zuhörenden. «Vielen Dank, dass Sie hier in Bern sind. Treten wir doch gemeinsam dafür ein, dass die Kirchen die Menschen nicht vergessen, die wegen ihres Glaubens leiden. Wir wollen auch im Alltag für unsere verfolgten Geschwister beten.» Im Weiteren ermutigte Wehrli die vielen Anwesenden, wachsam zu sein. «Auch wir Politiker müssen von Anfang an wachsam sein und deshalb schon eingreifen, wenn Menschen diskriminiert werden.»

Erich von Siebenthal: «Nicht schweigen!»

In der Schweiz gäbe es viele Möglichkeiten, sich für verfolgte Christen einzusetzen. Von denen müsse man auch Gebrauch machen, meint SVP-Nationalrat Erich von Siebenthal. «In der Politik wird für alles Mögliche und Unmögliche Unterschriften gesammelt. Warum sollten wir dies nicht auch für verfolgte Christen tun? Wir dürfen hier nicht schweigen!» Von Siebenthal wünscht sich ausserdem, dass die Christen in der Schweiz angesteckt werden, sich für die verfolgten Glaubensgeschwister einzusetzen.

In ihrer Ansprache wies Esther Gaillard, Vizepräsidentin des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK), auch auf die allgemeine, religiös motivierte Verfolgung hin. So bräuchten im Nahen Osten alle Religionsgemeinschaften Unterstützung. Auch solle man in Betracht ziehen, dass die meisten Opfer in Syrien und im Irak Muslime seien, verfolgt von anderen Muslimen, oder denjenigen, die sich als Muslime bezeichnen.

Standhaft trotz Leiden

Besonders beeindruckt zeigten sich die rund 1200 Besucher von den Lebensgeschichten der Direktbetroffenen. Die iranische Christin Dabrina Schwan war 2009 wegen ihres Glaubens im Iran verhaftet worden und musste einige Wochen hinter Gitter verbringen. 2010 floh sie in die Schweiz, nachdem sie zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war. Ihr Vater war an Weihnachten 2014 verhaftet worden, zwei Jahre später ihr Bruder und 2017 schliesslich ihre Mutter. In dieser Zeit sind hunderte von Christen im Iran ebenfalls inhaftiert worden. «Auch jetzt, da ich zu Ihnen rede, sind hunderte von ihnen im Gefängnis und kämpfen für ihren Glauben. Die Regierung würde sie freilassen, wenn sie Jesus verleugnen. Trotzdem bleiben sie Christen.» Dabrinas Vater habe im Gefängnis ebenso an Jesus festgehalten, obwohl er in einer viel zu kleinen Zelle bei ständigem Licht ausharren musste und von den Wärtern heftig verprügelt wurde.

Aufwühlend war zudem der Lebensbericht von Hakim, einem irakischen Kurden aus Suleimaniyya. In der Zeit, in der irakische Christen vor der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nach Kurdistan flohen, wurde Hakim selbst im «sicheren Hafen» zum Gejagten, weil er sich vom Islam abgewandt und den christlichen Glauben angenommen hatte. «Eines Tages kamen meine Cousins in mein Haus, fesselten mich und schlugen mich zusammen. Später gossen sie Säure über meinen Arm, auf dem ein Kreuz tätowiert war.» Aus purer Verzweiflung sagte Hakim zu ihnen, dass er zum Islam zurückkehren würde. Doch seine Cousins bedrohten ihn mit dem Tod, falls er noch einmal eine Kirche betreten würde. Total verängstigt und von Frau und Kindern verlassen floh Hakim 2015 aus Kurdistan.

Via Video zugeschaltet war der christliche Entwicklungshelfer Petr Jašek aus Tschechien. Wegen seines Einsatzes für verfolgte Christen war Jašek im Sudan zu lebenslanger Haft verurteilt worden und 445 Tage inhaftiert. Im Gefängnis wurde er von Mithäftlingen mit IS-Hintergrund attackiert. Jašek verlor 25 Kilos, war psychisch und physisch am Ende. Doch sein Glaube habe ihn durchgetragen. Schliesslich wurde er Ende Februar 2017 freigelassen.

Persönliches Bekenntnis im CSI-Gebetszelt

Die Kundgebung «verfolgung.jetzt» wurde umrahmt und aufgelockert durch Darbietungen verschiedener Künstler: Die Band «Ligulehm», Slam Poet Stefan «Sent» Fischer sowie die Tanzgruppe von Carine Fuenzalida und Sänger Philipp Decourroux. Ein Flashmob gegen Ende der Aktion drückte dem Anlass einen besonderen Stempel auf. Dabei trugen die Besucher eine weisse Maske und standen zunächst zwei Minuten lang regungslos da. Beim anschliessenden Pfiff fielen sie zu Boden und brachten damit zum Ausdruck, dass viele Christen wegen ihres Glaubens sterben müssen. Schliesslich gingen sie nach einem weiteren Pfiff auf die Knie und beteten zusammen das «Unser Vater».

Sieben Organisationen, die sich für verfolgte Christen engagieren, hatten die Kundgebung «verfolgung.jetzt» auf die Beine gestellt. Auch CSI wirkte mit. An drei verschiedenen, mit einem Zelt überdachten Ständen informierte CSI über die Ursachen, Hintergründe und Auswirkungen der Christenverfolgung und stellte Menschen vor, die wegen ihres Glaubens bedrängt wurden. Besondere Beachtung fand das CSI-Gebetszelt, in dem sich etliche Besucher öffentlich zum Engagement für verfolgte Christen bekannten und sich mit einem Gebetsschild ablichten liessen. Die Fotos wurden anschliessend auf Instagram hochgeladen.

Reto Baliarda

 

Interview mit Dabrina Schwan

Im Schweizer Alltag die verfolgte Familie im Kopf

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