Angriffe auf Christen durch den Staat nehmen zu

Christen leiden unter den Übergriffen durch Hindu-Mobs. Doch die Angriffe erfolgen zugleich immer mehr von staatlicher Seite. CSI-Partnerin Parul Singh warnt davor, dass das Christentum in Indien ausgelöscht werden könnte.

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Es sind verstörende Videobeiträge, die die Partner in Indien CSI zugestellt haben: Unter polizeilicher Aufsicht wird eine Kirche im südlichen Bundesstaat Tamil Nadu abgerissen. Einige Christen versammeln sich trauernd vor der Kirche. Eine Frau bricht weinend zusammen. Der Vorfall ereignete sich kürzlich in Viyasbaody, einem Vorort der an sich weltoffenen Stadt Chennai.

Eines der Videos zeigt auch, wie eine Anwältin im Auftrag der Regierung die Christen auffordert, den Platz zu verlassen. Das Grundstück sei staatliches Eigentum und gehöre nicht der Kirche. Tatsächlich ist es die Regierung von Tamil Nadu, die den Auftrag gab, die Kirche zu zerstören.

CSI-Partnerin Parul Singh (Name geändert) ist entsetzt: «Die Kirche stand seit 27 Jahren dort.» Offenbar war die Daseinsberechtigung des Gotteshauses fast drei Jahrzehnte lang unbestritten. Doch nun will die Regierung Christen aus dem Gebiet vertreiben. «Wie aus heiterem Himmel tauchte ein Beamter mit dem Befehl auf, diese Kirche abzureissen, weil sie auf einer Liegenschaft der Regierung gebaut sei.» 

Wohl hat die CSI-Partnerorganisation, für die Singh arbeitet, vor Gericht eine Klage gegen die Demolierung eingereicht. Doch mit welchen Erfolgsaussichten?

Gravierende Auswirkungen

Die Lage der Christen verschlechtere sich von Tag zu Tag, trotz verfassungsrechtlicher Religionsfreiheit. Unter der derzeitigen hindunationalistischen Regierungspartei BJP (Bharatiya Janata Party) müsse man mit allem rechnen. «Die Regierung will das Christentum und weitere religiöse Minderheiten in Indien auslöschen», befürchtet die CSI-Partnerin.

Sogar gebildete Menschen in den Grossstädten, die eigentlich eine offene Weltanschauung haben, stellen sich nun häufig gegen die Minderheiten, besonders gegen die Christen. Der nationalistische Einfluss der Regierung hat diesen Trend gezielt gefördert.

Die Zerstörung der Kirche ist dabei nur ein Beispiel. Es kommt dazu, dass viele arme Christen wegen ihres Glaubens keine staatliche Hilfe mehr erhalten.

Religiös bedingter Menschenhandel

Beängstigend ist ferner die Tatsache, dass die Extremisten immer mehr christliche Mädchen und Frauen entführen und an Menschenhändler verkaufen. So wird Schande über die Familie gebracht (siehe Kästchen).

Schliesslich hat die Corona-Krise, für die auch Premierminister Narendra Modi mitverantwortlich gemacht wird, für die christliche Gemeinschaft in Indien fatale Konsequenzen. Dazu Parul Singh: «Wir haben herausragende Pastoren und christliche Leiter verloren.»

Gesetzliche Bedrängnis

Mitverantwortlich für die zunehmende Bedrängnis von religiösen Minderheiten ist auch das Anti-Konversionsgesetz, wonach jeder Religionswechsel offiziell gemeldet werden muss. Ein Wechsel weg vom Hinduismus wird dann jedoch von den zuständigen Behörden oftmals verweigert. Gemäss der indischen CSI-Partnerin Chaya Kumar (Name geändert) schaffen die Anti-Konversionsgesetze ein Klima, in dem Bekehrungen für falsch erachtet werden.

Dass die Anti-Konversionsgesetze das hinduextremistische Klima anheizen, verdeutlicht auch die Lage in Madhya Pradesh. Der zentralindische Bundesstaat hat Anfang 2021 als achter Staat in Indien die Anti-Konversionsgesetze angenommen. Im Vergleich zu 19 Vorfällen antichristlicher Gewalt im Jahr 2020 hat der Bundesstaat 11 Vorfälle in den ersten drei Monaten von 2021 verzeichnet.

So hilft CSI

CSI setzt sich in Indien mit den Anwältinnen Parul Singh und Chaya Kumar für die freie Religionsausübung ein. Betroffene von Drohungen und Übergriffen werden humanitär versorgt und erhalten juristische Hilfe. Zudem befreien wir Opfer des Menschenhandels und gewähren ihnen Schutz, sei dies bei den Angehörigen zuhause oder in einem Rehabilitationszentrum, eines davon von CSI.

CSI unterstützt auch Pastoren, die wegen des Lockdowns keine Spenden von den Gemeindemitgliedern mehr erhalten. Zusammen mit anderen christlichen Opfern der Corona-Krise lernen sie in Workshops, Mobiltelefone zu reparieren und Hygieneprodukte herzustellen.

Reto Baliarda

 


Pastorengattin entführt und verkauft

Pastor Ramradsch und seine Frau Sunita leiten in Ostindien eine kleine Kirchgemeinde. Trotz Drohungen hielten sie an ihrem Dienst fest. Am 21. Februar 2021 bat eine Frau Sunita, für ein Gebet in ihr Haus zu kommen. Das vermeintliche Gebetshaus entpuppte sich als Wohnhaus eines Menschenhändlers, der einer hinduextremistischen Gruppe angehörte.

Weil Sunita nicht mehr zurückkam, machte sich ihr Ehemann auf die verzweifelte Suche nach ihr. Da er nirgendwo Hilfe erhielt, wandte er sich an die CSI-Partnerorganisation von Parul Singh. Mit ihrer Unterstützung konnte er eine Beschwerde bei der Polizei einreichen. Es stellte sich heraus, dass Sunita wegen ihres Glaubens an ein Bordell im Bundesstaat Rajasthan verkauft wurde. Mit Hilfe der Polizei konnten die CSI-Partner Sunita nach wenigen Wochen befreien. Die sexuell ausgebeutete Pastorengattin wurde für medizinische Untersuchungen in ein Traumazentrum gebracht. 

Hier können Sie für die Opfer des Menschenhandels in Indien spenden. Ganz herzlichen Dank.

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