01. April 2020

Corona-Pandemie: CSI unterstützt Aufklärung in einem christlichen Flüchtlingslager

Obwohl in Nigeria derzeit nicht viele Coronavirus-Infizierte bekannt sind, ist die Angst vor einer Pandemie gross. Die Regierung hat für die grössten Städte des Landes den Lockdown angeordnet. Doch wie können sich vertriebene Menschen in überfüllten Lagern vor einer Ansteckung schützen? CSI unterstützt unter anderem einen Aufklärungs-Workshop in einem christlichen Flüchtlingscamp in Zentralnigeria.

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Die Corona-Krise ist auch im bevölkerungsreichsten Land Afrikas angekommen. Bisher wurden offiziell 131 Infizierte gemeldet. Doch gerade in den städtischen Ballungszentren kann sich das Virus rasch ausbreiten. Präsident Muhammadu Buhari hat daher am 30. März für die drei urbanen Gebiete Lagos, Abuja und dem südwestlichen Staat Ogun einen zweiwöchigen Lockdown angeordnet. Dieser Beschluss hat abertausende Menschen in Angst und Panik versetzt. In Scharen stürmten sie in Supermärkten und kauften die Regale leer.

Viele Arbeiter haben wegen des Lockdowns kein Einkommen mehr. Alleine wegen des Shutdowns in Nigerias Finanzzentrum Lagos rechnet Analystin Oluwatosin Olaseinde mit einer schweren Wirtschaftskrise.

Eine rasche Ausbreitung des Coronavirus könnte aber nicht nur in den Grossstädten, sondern auch in den vielen Flüchtlingslagern von Nigeria schlimme Auswirkungen und vor allem verheerende Folgeschäden wie Hunger und andere Krankheiten zur Folge haben. Zwar betont Präsident Buhari, den Verletzlichsten zu helfen und dass intern vertriebene Menschen zwei Monate lang mit Nahrungsmitteln versorgt würden.

Hilfe für vertriebene Christen

Doch vielerorts fragt man sich, ob und wie diese Versprechen in die Tat umgesetzt werden sollen. Entsprechende Zweifel hegen auch die Verantwortlichen des christlichen Flüchtlingslagers Heipang im zentralnigerianischen Distrikt Barkin Ladi, wo Fulani-Islamisten vor knapp zwei Jahren (Juni 2018) ein schreckliches Massaker gegen Christen mit über 200 Todesopfern anrichteten.

Die Lagerleitung hat deshalb mit Hilfe von externen Experten einen Sensibilisierungs-Workshop durchgeführt, an dem gut 100 vertriebene Insassen mit den wichtigsten Verhaltensregeln zum Schutz gegen das Coronavirus vertraut gemacht wurden. So erfuhren sie unter anderem, dass sie aufs Händeschütteln verzichten und sich regelmässig die Hände mit fliessendem Wasser und Seife waschen sollen.

Gesichtsmasken aus Taschentüchern

Die Experten vom «Emanzipationszentrum für Krisenopfer in Nigeria» (ECCVN) versorgten die Teilnehmenden mit flüssiger Seife, Hände-Desinfektionsmitteln, Wasserdispensern und Gesichtsmasken. Zudem wurden sie angeleitet, wie sie verschiedene Stoffe oder Taschentücher als improvisierte Gesichtsmasken verwenden können. Damit soll auch vermieden werden, dass Masken zu überteuerten Preisen gekauft werden müssen.

Dankbarkeit der Geflüchteten

Viele beteiligte Lagerbewohnerinnen äussern ihre Dankbarkeit für den Workshop, der von CSI finanziert wird. «Mir wurde gesagt, dass Afrikaner nicht vom Coronavirus befallen werden. Ich hatte dies bis heute geglaubt und ich bin dankbar, dass ich nun professionell über die wirkliche Gefahr des Coronavirus informiert wurde», bemerkt etwa die 33-jährige Dadung Kyenpia. Auch die 27-jährige Rachael Joshua kann dank dem Aufklärungs-Workshop mit Halbwahrheiten aufräumen: «Man hatte mir erzählt, dass Zigaretten, Unkraut oder Ogogoro (westafrikanisches alkoholisches Getränk) Coronaviren abtöten würden.» Nun weiss Rachael, was sie selbst dazu beitragen kann, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. Dasselbe gilt für Confort Kayinde (32), zuvor ebenfalls an die heilende Wirkung von Ogogoro geglaubt hatte.

Weil aber auch die wirtschaftlichen Folgeschäden der staatlich verordneten Massnahmen die Menschen im Flüchtlingslager Heipang in Mitleidenschaft ziehen, sind viele Bewohner besorgt. Sie haben weniger Arbeit. Es fehlt ihnen an allem: «Unsere Not ist gross. Wir brauchen dringend Nahrungsmittel, medizinische Versorgung und Hygieneprodukte», warnt die Vertriebene Gavou Yohanna. Auch Felicia Danladi, freiwillige Gesundheitshelferin des ECCVN-Teams, macht sich Sorgen um den Gesundheitszustand im Flüchtlingslager: «Es mangelt hier schon an Medikamente für geringfügige Krankheiten. Doch was wäre, wenn sich das Coronavirus im Camp ausbreiten würde? Würden wir das überleben?»

Christian Solidarity International (CSI) setzt sich seit mehreren Jahren in Nigeria für bedrängte und vertriebene Christen ein. In Zusammenarbeit mit ECCVN unterstützt CSI diverse Flüchtlingslager in der Nähe von Jos mit Nahrungsmitteln und Medikamenten. Ebenso unterstützte  CSI die Durchführung des Corona-Aufklärungsworkshops im Flüchtlingscamp Heipang.

 


 

Vorkehrungen gegen die Pandemie in anderen Bundesstaaten von Nigeria

Bruder Aaron von der Diözese in Kaduna schreibt in einem Email an CSI, dass aufgrund der Corona-Pandemie nicht mehr als 20 Personen an einem Gottesdienst teilnehmen dürfen. Viele Kirchen übertragen daher ihre Gottesdienste nun via Livestream im Internet. In Kaduna wurden in den letzten Jahren tausende Christen durch Fulani-Islamisten getötet.

Im südlichen Bundesstaat Enugu, indem CSI ebenfalls Hilfsprojekte betreut, hat Gouverneur Lawrence Ifeanyi Ugwuanyi wegen des Coronavirus drastische Massnahmen für die Zivilbevölkerung angeordnet. Alle Schulen und Bildungsinstitute wurden geschlossen. Angestellte im öffentlichen Dienst müssen wenn immer möglich von zuhause aus arbeiten. Sämtliche kulturelle Events sowie Hochzeiten, Beerdigungen und Sportveranstaltungen sind aufgeschoben. Ebenso mussten alle Bars und Klubs schliessen. Bei öffentlichen Gottesdiensten, aber auch in Restaurants wird streng auf Social Distancing geachtet.

Wie Pater John von der Diözese in Maiduguri berichtet, geht in den Flüchtlingslagern eine grosse Angst vor einer Corona-Ansteckung um. Dies obwohl es in dieser Region im Nordosten erst vereinzelt zu Infektionen gekommen ist. Die Verantwortlichen der katholischen Kirche in Maiduguri engagieren sich in der Prävention und erklären der Bevölkerung, welche Hygiene-Massnahmen es umzusetzen gelte. Für die Gottesdienst-Besuche wurden drastische Einschränkungen vorgenommen. Maiduguri befindet sich im Nordosten Nigerias, wo die Bevölkerung vor allem unter den brutalen Übergriffen der islamistischen Terrormiliz Boko Haram leidet.

 

Reto Baliarda

Quellen: CSI-Partner, Anadolu Agency, Al-Jazeera, Africanews.com

 

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