Covid-19: Verheerende finanzielle und religiöse Auswirkungen

Der wegen des Coronavirus beschlossene Lockdown hat in Indien dramatische Konsequenzen. Am schlimmsten trifft es jene Menschen, die schon vor der Pandemie ums Überleben kämpfen mussten. Auch religiöse Minderheiten werden in eine schlimme Not getrieben, wie das Beispiel von Pastor Benjamin aus dem Bundesstaat Jharkhand zeigt. Die CSI-Partner setzen sich unermüdlich für die Notlinderung von hungernden Menschen ein.

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Am Abend des  24. März 2020 kündigte Indiens Premierminister Narendra Modi die totale Ausgangssperre an. Genau um Mitternacht trat dieser Befehl landesweit ein.

Mittlerweile hat die Regierung den Lockdown bis 31. Mai 2020 verlängert. Besonders stark treffen die rigorosen Massnahmen die Millionen von Angehörigen der unteren Kasten, die bereits vor dem Virusausbruch unter der Armutsgrenze von zwei US-Dollar pro Tag überleben mussten. Man rechnet, dass rund eine halbe Milliarde Personen davon betroffen sind. Es sind Strassenverkäufer, Rikscha-Fahrer, Putzpersonal, Müllsammler oder auch Fabrikarbeiter. Bis anhin konnten sie sich und ihre Familien dank minimalen täglichen Einnahmen knapp über Wasser halten. Doch diese bescheidensten Einkünfte sind von heute auf morgen weggebrochen.

Sehr schlimm ist auch die Lage für tausende von Fabrikarbeitern, die durch den Lockdown auf Fabrikgeländen eingesperrt wurden. Bis heute werden sie wie Vieh unter misslichen Umständen festgehalten. So zum Beispiel auch die 2400 Fabrikarbeiter in einem IT-Unternehmen in Hyderabad im zentralindischen Bundesstaat Telangana, wie das Online-Nachrichtenportal ndtv.com berichtet. Die hygienischen Bedingungen sind abscheulich, es gibt kaum Essen, keine Medikamente und keinen Lohn. Bis wann sie unter diesen verheerenden Bedingungen ausharren müssen, ist ungewiss.

Gefahr der zunehmenden menschlichen Ausbeutung

Die Konsequenzen des Lockdowns sind auch anderweitig katastrophal. Indien, das mit über 18 Millionen Opfern die traurige Statistik des Menschenhandels weltweit anführt, könnte mit der zunehmenden Armut bald mit einer noch viel höheren Anzahl von missbrauchten und ausgebeuteten Menschen konfrontiert sein. Aus lauter Not werden immer mehr Menschen fatale Wege einschlagen:  Selbstmordberichte haben sich bereits jetzt schon drastisch erhöht. Aber auch Prostitution und sexuelle Ausbeutung sind dramatisch gestiegen. Durch die grassierende Armut wird Ausbeutung wohl in den kommenden Wochen,  Monaten und Jahren ein noch schwerwiegenderes Problem darstellen, als dies bis jetzt der Fall war, so CSI-Projektpartnerin Parul Singh*.

Corona-Virus zu Diskriminierungszwecken missbraucht

Besonders traurig ist die Situation auch für religiöse Minderheiten. Seit der Amtsübernahme des aktuellen Premierministers Narendra Modi und seiner hindunationalistischen BJP-Partei 2014 hat sich die Lage für Minderheiten, allen voran Christen und Muslime, drastisch verschlechtert. Berichte über Angriffe, Diskriminierung, Verletzung der Menschenrechte bis hin zu Mord haben seither stetig zugenommen. Alleine 2019 soll es gemäss der indischen Organisation «Persecution Relief» zu über 500 religiös motivierten Übergriffen auf Christen gekommen sein.

Für die Zeit der Pandemie hat die Regierung grossmundig angekündigt, den Hungernden zu helfen. Dafür wurde ein Rettungsfonds gegründet, in den tausende von reichen Indern grosse Summen einzahlen. Die Regierung kündigte an, mit diesem Fonds kostenlose Verteilungen von Nahrungsmitteln für die Armen während drei Monaten zu ermöglichen. Doch davon wurde bisher nur ein Bruchteil für die Nothilfe eingesetzt, und dies auch nur für die Hindus, wie Parul Singh betont. Mehrmals wurde schon berichtet, wie Gemeindemitglieder und Pastoren die von der Regierung bereitgestellte Essensration abholen wollten, jedoch zum Teil brutal geschlagen und weggeschickt wurden. Es heisst immer wieder: Für Christen sei diese Hilfe nicht vorgesehen.

Statt Hilfe von der Polizei geschlagen

Die meisten Pastoren, die kleinen, evangelischen Freikirchen  angehören, leben vom Zehnten und von den Opfergaben, die sie durch ihren Dienst erhalten. So auch Pastor Benjamin und seine Familie. «Seit vielen Jahren bin ich Pastor bei der New Life Ministry Church und habe in vielen Dörfern tief im Landesinneren des Bundesstaats Jharkhand gedient. Auch wenn wir, dank der Spenden der Kirchenmitglieder, von einem bescheidenen Einkommen lebten, wurden wir immer gut versorgt. Doch seit der Corona-Pandemie und den daraus folgenden Konsequenzen haben wir kaum noch Geld fürs tägliche Essen», erzählt Pastor Benjamin niedergeschlagen.

Die landesweite Abriegelung bereitet den Pastoren und ihren Familien viel Kummer. Doch nicht nur wegen des Ausfallens der Gemeindeaktivitäten brechen ihre Einnahmen weg. Die meisten der Gemeindemitglieder sind ohnehin sehr arm und seit dem Lockdown noch weniger in der Lage, die Pastorenfamilien zu unterstützen.

Pastor Benjamin bestätigt zudem, dass auch seine Familie von der Regierung keine Hilfe erhalten hat. «Als wir die von der Regierung bereitgestellten Lebensmittelrationen abholen wollten, schlugen Polizisten uns heftig mit der Begründung, Christen seien in den staatlichen Hilfsaktionen nicht mit einberechnet. Es ist wirklich bitter zu erfahren, dass wir sogar in solch einer unglaublich schwierigen Situation Diskriminierung erleben», so Pastor Benjamin.

Unermüdlicher Einsatz der CSI-Partner

«Es ist unglaublich schwierig, mitzuerleben, wie Menschen am Hungern, Betteln, Leiden und Verzweifeln sind. Dieses Elend um sich herum zu erleben und dabei  nicht allen Notleidenden helfen zu können, ist sehr schmerzlich», so unsere Partner vor Ort. Doch CSI-Teams sind in verschiedenen Teilen Indiens unermüdlich im Einsatz, um für die Bevölkerung ihr Möglichstes zu tun. Dank Spezialgenehmigungen konnten sie grosse Mengen an Lebensmitteln einkaufen und diese an 100 notleidende Familien verteilen, darunter auch jene von Pastor Benjamin. Ihr besonderes Augenmerk gilt dabei den Pastoren, aber auch Randständigen wie Prostituierten und Menschen, die auf der Strasse leben.

Die Hilfsempfänger können ihr Glück kaum fassen. Immer wieder hören die CSI-Partner: «Dass ihr gerade uns, die wir in den Augen der Gesellschaft nichts wert sind, Hilfe und Respekt entgegenbringt, berührt uns zutiefst.»

Projektleiterin Indien

Quellen: CSI-Partner, ndtv.com

*Name aus Sicherheitsgründen geändert

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