24. Februar 2018

Christliche Gruppe mit Kindern von Hindu-Mob geschlagen und angeklagt

Zwei Christen wollten mit christlichen Kindern ein Lager in Mumbai besuchen. Randalierende Hindu-Extremisten hinderten sie daran und brachten es so weit, dass die Polizei die Kinder eine Woche festhielt, während die beiden erwachsenen Christen zehn Tage inhaftiert blieben.

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Am 23. Oktober 2017 bestiegen Anita Francis und ihre 19-jährige Tochter Sophia im Bahnhof von Indore (Staat Madhya Pradesh) den Zug in Richtung Mumbai. Mit dabei waren sieben Kinder, vier Buben und drei Mädchen zwischen fünf und 17 Jahren. Mit ausdrücklicher Erlaubnis der Eltern nahmen die beiden Frauen die Kinder mit in ein christliches Lager.

Aus dem Zug gedrängt

Sie hatten bereits im Zug Platz genommen, als eine Gruppe Hindus in ihr Abteil eindrang. Es waren Angehörige der Organisation Jagran Manch, die mit der hindunationalistischen Regierungspartei BJP von Premierminister Narendra Modi verbündet ist. Sie zwangen die Christen, den Zug zu verlassen und warfen Anita Entführung vor, um die Kinder zum Christentum zu konvertieren. Auch Anitas Bruder Amrit Kumar Matera und dessen Sohn Alex wurden vom Hindu-Mob aus dem Zug gedrängt. Vergeblich versuchte Alex, den Extremisten klarzumachen, dass alle Kinder getaufte Christen seien.

Draußen auf dem Bahnsteig wurde die eingeschüchterte Gruppe von einer Menschenmenge drangsaliert und geschlagen. Auch die Kinder blieben von den Misshandlungen nicht verschont. Anwesend waren auch Journalisten, die Fragen stellten, um eine Entführungsgeschichte zu fingieren. «Das war ein lange vorbereiteter Plan», ist Amrit überzeugt.

Tatsächlich wurde in den lokalen Medien behauptet, dass Alex und Anita die Kinder schlussendlich nach Kerala mitnehmen wollten, um sie zu konvertieren.

Zur Anbetung von Hindu-Göttern gezwungen

Die größte Demütigung folgte, als der Hindu-Mob die Gruppe zur Polizeiwache beim Bahnhof schleppte. «Unter Gewaltandrohung zwangen sie uns, Hindu-Götter lautstark anzubeten, wie sie es taten. Weigerten wir uns, prügelten sie auf uns ein. Auch die Kinder wurden geschlagen.» Für Amrit war es kaum erträglich, mitansehen zu müssen, wie zwei fünfjährige Kinder immer wieder den Slogan «Hail Lord Ram» nachsingen mussten. «Wir fühlten uns so hilflos, weil wir nichts dagegen tun konnten.»

Kinder tagelang von den Eltern getrennt

Auf der Polizeiwache dauerte es nicht lange, bis die verständigten Eltern der Kinder ankamen. Doch anstatt ihnen unverzüglich die Kinder zu übergeben, ließ es die Bahnhofspolizei zu, dass auch die Eltern von den Hindu-Extremisten verspottet und geschlagen wurden. Nachdem die Eltern ihre Kinder kurz identifizieren mussten, wurden sie wieder voneinander getrennt.

Als die Polizei die Eltern verhört hatte, wurden die Knaben in ein Kinderheim außerhalb der Stadt verlegt, während die Mädchen in ein hinduistisches Kloster gebracht wurden. Die Eltern konnten in den darauf folgenden Tagen mit ihren Kindern keinen Kontakt aufnehmen. Vergeblich versuchten sie, bei der Polizeiwache eine Beschwerde einzureichen. Dies setzte ihnen schwer zu.

Nachts um 23 Uhr ließen die Polizisten die beiden jungen Begleiter Sophia Francis und Alex Matera gehen, während Anita und Amrit, in Gewahrsam bleiben mussten. Ihnen wurden strafbare Delikte vorgeworfen. Dazu gehören unter anderem Entführung, Zwangskonversion, Kinderhandel sowie sexuelle Belästigung und Beleidigung einer Religion.

Wieder bei den Eltern

Die Gerichtsanhörung fand eine Woche später am 30. Oktober statt. Die Richter fragten jedes einzelne Kind, zu wem sie zurückwollten. Alle gaben an, dass sie unbedingt wieder zu ihren Eltern wollten und beschuldigten die Polizisten, dass diese sie geschlagen hätten. Die Kinder wurden ihren Eltern übergeben. Auf ihre Vorwürfe gingen die Richter nicht ein.

Anita Francis und Amrit Kumar Matera wurden nach zehn Tagen Haft am 3. November 2017 auf Kaution entlassen, nachdem deren Anwalt vor einem hohen Gericht das Recht auf unverzügliche Haftprüfung durchsetzen konnte. Doch die Anklagepunkte bleiben bestehen.

Das rücksichtslose Vorgehen des Hindu-Mobs und der Polizei hat auch bei den betroffenen Eltern und Kindern Spuren hinterlassen. Dazu Alex Matera: «Sie sind wie versteinert, voller Sorge und fragen sich, was wohl als Nächstes kommt.» Gemäß der Zeitung «Indian Express» getrauen sich die Eltern der betroffenen Kinder nicht in ihre Dörfer zurück.

Der christliche Anwalt R.P. Gangore hat eine Petition eingereicht mit der dringenden Frage, warum die Polizei keine Anzeige gegen die hinduistischen Täter erstattete. Immerhin haben diese die Leiter, Kinder und deren Eltern bedroht und geschlagen. Gangore selbst erfuhr bei seinem Engagement starken Widerstand von rund 100 Anwälten, die gegen ihn sind, wie eine anonyme Quelle berichtet: «Das zeigt die verbreitete feindliche Haltung in Indien gegenüber Christen. Auch die Medien machen mit. Sie geben gar die Adressen der Opfer heraus, damit sich diese noch unsicherer fühlen. Warum hinterfragen die Medien die Aussagen der Polizei und der Behörden nicht?»

Reto Baliarda

 

 

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