23. Juni 2018

Ein verbindender Ort

Nach dem Sturz der Muslimbrüder im Juli 2013 brach eine Welle antichristlicher Gewalt über Ägypten herein. Auch die Franziskanerinnen-Schule in Beni Suef wurde zerstört. CSI-Mitarbeiter Joel Veldkamp berichtet von den Entwicklungen.

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Als ich die Franziskanerinnen in Beni Suef 2013 zum ersten Mal besuchte, befanden sie sich in einer desolaten Lage: Der größte Teil ihrer Schule lag in Schutt und Asche. In vielen Räumen lagen verkohlte Überreste von Schulbüchern und Schuluniformen herum. Mitten im Abfall Marien-Statuen. Die wenigen Klassenzimmer, in denen kein Feuer gewütet hatte, waren völlig geplündert und zerstört: Wasserhähne und Elektrokabel waren herausgerissen, die Wände mit islamistischen Sprüchen beschmiert: «Gottes Religion ist der Islam» und «Mursi wird zurückkommen».

Islamistische Gewaltwelle gegen Christen

Als der islamistische ägyptische Präsident Mohammed Mursi im Juli 2013 gestürzt wurde, ließen seine Unterstützer ihren Zorn an den Christen aus: Hunderte von Kirchen und Schulen im ganzen Land fielen Attacken und Brandanschlägen zum Opfer, darunter auch die Schule der Franziskanerinnen in Beni Suef. Während die Schule lichterloh brannte, zerrten die Angreifer die Schwestern durch die Straßen und stellten sie wie Kriegsbeute zur Schau, bis schließlich eine ehemalige Angestellte, eine muslimische Krankenschwester, intervenierte und sie in ihr Haus aufnahm.

John Eibner und ich besuchten die Schule drei Monate später. CSI stellte Finanzen zur Verfügung, damit die Franziskanerinnen den Schulunterricht wieder aufnehmen und sich weiter um die Armen kümmern konnten.

Wieder Leben in der Schule

Im April 2018 reiste ich einmal mehr nach Beni Suef, dieses Mal mit Hélène Rey. Wie anders war es dieses Mal! Der erste Besuch im Jahr 2013 war sehr bedrückend. Das zerstörte, geschändete Schulgebäude zu sehen, hat mich aufgewühlt. Der Hass und die Gewalt gegen die Christen in Beni Suef waren direkt spürbar. Dieses Mal fanden wir die Schule voller Leben vor, erfüllt von den Stimmen fröhlicher Kinder. Dieser Besuch war eine große Ermutigung für mich: Die Franziskanerinnen haben mitten in der Dunkelheit ausgeharrt und nun Gottes Fürsorge erlebt.

Voller Freude zeigten die Schwestern uns das wieder instand gestellte Gebäude. Die Bibliothek, wo die Angreifer das Feuer gelegt hatten, ist wieder mit neuen Büchern ausgestattet. Die Kapelle, die die Angreifer geschändet hatten, wurde sorgsam wieder hergerichtet. In neuen Computerräumen können sich die Schüler wichtige Fähigkeiten für das moderne Leben aneignen.

Respektvoll und friedfertig

700 Kinder besuchen zurzeit die Schule, vom Kindergarten bis zur sechsten Klasse. Christen und Muslime halten sich in etwa die Waage. Treten wegen der religiösen Unterschiede Probleme auf, werden diese mit den Eltern im direkten Gespräch geregelt. «Die Schwestern, die Lehrer, die Schüler, die Eltern – wir sind zusammen wie eine Familie», sagt uns einer der muslimischen Lehrer an der Schule. Die Schwestern seien ein Musterbeispiel für Respekt und Friedfertigkeit. «Wir alle lernen von ihnen.»

Kein einziger Lehrer wollte die Schule nach dem Angriff von 2013 verlassen. Im Gegenteil: Es möchten mehr Lehrer in der Schule arbeiten, als angestellt werden können, und es würden gerne mehr Kinder die Schule besuchen, als aufgenommen werden können. Die meisten Eltern bezahlen Schulgebühren, den ärmeren werden sie erlassen.

Schule wirkt verbindend

Die Schule ist nun nicht nur wieder aufgebaut, sie wird sogar erweitert. Das Gebäude wurde mit zwei weiteren Stockwerken ergänzt, in dem nun auch Kinder von der siebten bis zur neunten Klasse unterrichtet werden sollen. In Beni Suef gebe es in dieser Qualität keine Schulbildung für dieses Alter. CSI finanziert diese Erweiterung mit.

Das Klima zwischen Christen und Muslimen habe sich seit dem Angriff 2013 enorm verbessert, sagt uns Schwester Nagat, die Schulleiterin. Beni Suef ist aber nach wie vor ein schwieriger Ort für Christen. In der Woche unseres Besuchs wurden in einem nahegelegenen Dorf Häuser von Christen in Brand gesetzt. Vorausgegangen war ein Streit über ein Gebäude, das die Christen jahrelang als Kirche benutzt hatten. In dieser angespannten Lage wirke die Schule verbindend. Die Franziskanerinnen sind fest entschlossen, zu bleiben und weiterhin Gottes Liebe mit allen Menschen zu teilen.

Joel Veldkamp

 

Weiterer Bericht:

Der Tag, an dem die Kirchen brannten

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