20. Februar 2018

Eine mutige und starke Frau

Weil ihr Name auf der Todesliste von Boko Haram stand, musste Aishatu Moses von Nigeria nach Kamerun fliehen. Auf der Flucht wird sie nachts von einem giftigen Tausendfüßler gebissen. Zwei Jahre später musste ihr rechtes Bein amputiert werden.

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Im Flüchtlingslager von Bukuru, das vom CSI Partner «Stefanos Foundation» betreut wird, leben Christen, die vor Boko Haram und den Fulani-Milizen geflohen sind. In diesem Camp in der Nähe der Großstadt Jos treffen die CSI-Mitarbeiter Franco Majok und Joel Veldkamp auf Aishatu Moses.

Die 43-jährige Christin stammt aus Ngoshe, einem Dorf im Nordosten Nigerias. Mehrmals überfiel die islamistische Terrormiliz Boko Haram Ngoshe. Bei Angriffen im November 2013 und im Januar 2014 wurden ihr Vater, ihr Bruder und eine Schwester getötet.

Bitte um militärische Hilfe

Aishatu ist gut ausgebildet und arbeitete früher für die lokale Regierung. Sie besitzt zudem die Fähigkeit, in einer Gruppe die Verantwortung zu übernehmen. So führte sie nach einem erneuten Angriff von Boko Haram im Juni 2014 als Vertreterin einer christlichen Frauengruppe direkte Gespräche mit zuständigen Armeekommandanten, die sie um militärischen Schutz bat. Das Geld, das ihr zwei Kommandanten an Stelle des Schutzes anboten, schlug sie aus.

Die resolute Frau kämpfte weiter für den Schutz ihres Dorfes. Als ehemalige Regierungsmitarbeiterin hatte sie guten Kontakt zum Senator des Staats Borno. Sie bat auch ihn um militärischen Schutz in und um Ngoshe. Er versprach ihr, Truppen in ihr Dorf zu senden.

Doch dann änderte sich die Situation schlagartig. Einige Frauen, die bei den Angriffen auf Ngoshe von Boko Haram entführt worden waren, konnten ihren Peinigern entkommen und brachten schlechte Nachrichten. Als Verantwortungsträgerin, die dem Militär half, Boko Harams Waffenlager in der Gegend zu finden, habe die Terrormiliz Aishatu auf eine Todesliste gesetzt und würde gezielt nach ihr suchen, um sie umzubringen. So floh Aishatu im Januar 2015 Hals über Kopf nach Kamerun.

Der nächtliche Biss

Dort fand sie Unterschlupf in einem UN-Flüchtlingslager in der Stadt Minawao. Aishatu musste im Freien auf dem bloßen Boden schlafen. «Eines Nachts wurde ich durch den Biss eines giftigen Tausendfüßlers am rechten Bein aus dem Schlaf gerissen. Ich schüttelte das grässliche Vieh ab und tötete es. Dann wusch ich die Bisswunde mit warmem Wasser aus», schildert sie das Ereignis, das böse Folgen nach sich ziehen sollte. Da der starke Juckreiz des Bisses in den darauf folgenden Tagen und Wochen anhielt und die Wunde sogar größer wurde, suchte Aishatu die Klinik einer Hilfsorganisation auf. Die Ärzte verschrieben ihr Medikamente, die sie darauf ein ganzes Jahr lang einnahm.»

Schlimme Langzeitfolgen

Aishatu blieb auch als Flüchtling aktiv. In den darauf folgenden Monaten arbeitete sie für eine Organisation, die sich um verwitwete Frauen kümmert. Im April 2017 reiste sie nach Jos und besuchte im Auftrag der Organisation verschiedene Flüchtlingslager, wo sie auch auf Mitbewohner ihrer Heimat Ngoshe traf.

Da die Schmerzen am rechten Bein aber nie wirklich abgeklungen waren, ließ Aishatu sich in Jos ärztlich untersuchen. Zunächst blieben alle Befunde negativ. Doch dann meinte ein Arzt alarmierend, dass sie sich unbedingt operieren lassen müsse, um das Bein zu retten. «Ich war total niedergeschlagen und weinte.» Die Geldsumme, die der Arzt für die Operation verlangte, konnte Aishatu nicht auftreiben.

In ihrer Not reiste Aishatu zu ihrer jüngeren Schwester nach Maiduguri, wo sie sich Hilfe erhoffte. Doch hier verschlimmerte sich die Situation drastisch. Die Wunde brach auf. Aus ihrem rechten Bein strömte ein kaum zu stillender Blutfluß. «Meine Schwester konnte einen Arzt auftreiben, der feststellte, dass mein Blut auf ein alarmierendes Tief gesunken war. Sie brachten mich nach Jos in ein Krankenhaus, wo ich notfallmäßig mit Bluttransfusionen versorgt wurde.»

Lebensrettender Eingriff

Doch all diese Maßnahmen konnten den rasanten Blutverlust nicht stoppen. Schließlich meinte der zuständige Arzt resigniert, dass man nicht länger zuwarten könne: Um Aishatus Leben zu retten, blieb nur noch die Amputation. «Ich willigte ein, im Gedanken, dass dies immer noch besser ist als sterben.» Die tapfere Nigerianerin erinnert sich nur allzu gut an diese schwierige Zeit: «Es war am 1. Juni 2017, als sie mein rechtes Bein oberhalb des Knies amputierten. Ich blieb darauf noch einige Wochen im Spital, bis ich genug Kraft hatte, an den Krücken zu gehen.»

Aishatu musste aber nicht nur die schlimme Operation verkraften, sondern erhielt obendrein eine hohe Spitalrechnung. Mit Hilfe von Freunden konnte sie diese begleichen. Vom Staat erhielt sie dafür keine Unterstützung. Die starke Frau, die in ihrem Leben schon so oft Verantwortung für andere übernommen hat, befindet sich nun selbst in einer leidvollen Lage.

In ihrer schwierigen Situation setzt sich Aishatu weiterhin für die Christen in Nigeria ein. Sie ist dankbar, dass sie im Flüchtlingslager von Bukuru leben kann, das von CSI mitunterstützt wird. Bei all ihrem Elend betet sie, dass Gott die steinernen Herzen von Boko Haram in sanfte Herzen verwandelt.

Reto Baliarda

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