Erneut unter Militärherrschaft

Myanmar steht unter Schock. Der am 1. Februar 2021 vom Militär verübte Regierungsumsturz gilt nicht nur als Angriff gegen die Nobelpreisträgerin und de-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi, sondern hauptsächlich gegen die Demokratie und die über zehn Jahre entwickelten Reformen.

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«Seit Jahrzehnten verübt das Militär in unserem Land Menschenrechtsverletzungen gegen ethnische Minderheiten. Trotz Waffenruhe-Abkommen werden bis heute Kinder, ältere Menschen, Frauen und Männer auf brutale Weise angegriffen, verschleppt, vergewaltigt, gefoltert und getötet», klagt die CSI-Projektpartnerin von Myanmar, Angehörige der christlichen Karen-Minderheit.

Dass das Militär nun die Macht wieder an sich gerissen hat, schockiert sie zutiefst, berichtet sie weiter. «Die Situation ist sehr düster. Doch wir ethnischen Minderheiten müssen alle aufstehen, nicht aufgeben und gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft für Gerechtigkeit und Demokratie kämpfen», so ihr flammender Appell.

Machtübernahme des Militärs

Seit dem erneuten Sieg der demokratischen NLD-Partei im November 2020 gab es bereits Tage vor dem Militärputsch Gerüchte über einen bevorstehenden Umsturz. Die Armeeführung hat in einem Staatsstreich die Macht an sich genommen, die Zivilregierung abgesetzt und einen einjährigen Notstand ausgerufen. Innert 24 Stunden wurden nicht nur die Regierungschefin Suu Kyi festgenommen, sondern mehr als 220 weitere Menschen, darunter Politiker, Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Schriftsteller, Musiker und buddhistische Mönche. Wie viele es bereits zusätzlich sind und noch sein werden, ist unbekannt.

Der Hauptgrund für den am 1. Februar verübten Putsch lag aber wohl nicht hauptsächlich an der erneuten Wahlniederlage, sondern vielmehr an der von Aung San Suu Kyi geplanten Verfassungsänderung zu Gunsten der Demokratie. Denn damit wären die Macht und die korrupten Geldquellen des Militärs eingeschränkt worden.

Besonders Minderheiten betroffen

Die Machtübernahme des Militärs sandte eine Schockwelle durch das ganze Land. Besonders gross ist die Angst unter den Angehörigen von verfolgten Minderheiten. Seit über sieben Jahrzehnten leiden sie unter der brutalen Verfolgung seitens des Militärs. Hunderttausende verweilen zum Teil seit Jahrzehnten in einem Lager, entweder in Myanmar selber oder im benachbarten Thailand. Sie alle haben praktisch keine Chance auf eine Zukunft ausserhalb dieser Lager.

Seniorgeneral Min Aung Hlaing, ein Mann, gegen den nach Ansicht von UN-Experten wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ermittelt werden sollte, ist jetzt der Führer des Landes. «Ich befürchte, dass wir in die vergangene Militär-Ära zurückkehren werden», so eine Angehörige einer anderen Minderheit.

CSI hilft vor Ort

Seit anfangs 2020 hilft CSI Karen-Bewohnern eines Lagers im Dschungel von Myanmar. Zwar ist es wegen den gefährlichen Umständen nicht einfach, Unterstützung zu leisten. Doch dank der CSI-Projektpartnerin vor Ort haben wir die Möglichkeiten: Einerseits mit Notfallbehandlungen von Schwerkranken im Spital. Anderseits mit Schul- und Unterhaltskosten für 28 Karenkinder, und zwar in Thailand. Dies ist die einzige Chance, die sie haben, um eine Zukunft ausserhalb des Flüchtlingslagers in Myanmar zu erhalten.

Einer der Schüler ist der 15-jährige Udom. Er berichtet: «Auch wir mussten fliehen, als ich noch ein Kleinkind war. Das Militär hatte unser Dorf angegriffen, alles niedergebrannt und Leute getötet oder verschleppt. Als Familie schafften wir es zu fliehen, irrten über Monate im Dschungel umher, bevor wir in dieses Lager kamen. Hier fühlten wir uns zwar sicherer als auf der Flucht. Denn die Karen-Miliz bewachte unser Lager. Doch auch im Lager litten wir oft an Hunger und lebten doch in der ständigen Angst, vom Militär überfallen zu werden. Wegen Essensmangel mussten wir oftmals das Lager verlassen, um ausserhalb Blätter zum Essen zu suchen. Dabei passierte es nicht selten, dass das Militär uns mit Waffen angriff oder Einzelne von uns verschleppte oder gar tötete.»

Für ein Leben ausserhalb des Lagers

Dass Udom nun in Thailand die Schule besuchen darf und nach dem Abschluss eventuell die thailändische Staatsbürgerschaft erhalten wird, macht ihn unbeschreiblich glücklich: «Wir Schüler, die diese Gelegenheit geschenkt bekommen, sind den Spendern unendlich dankbar, die dies ermöglichen. Ich liebe den Sport, aber besonders auch das Kochen. Später würde ich gerne mein Geld als Koch verdienen und meine Familie im Lager so gut wie möglich unterstützen. Wir alle, die aus dem Lager stammen und hier zur Schule gehen, wünschen uns, für die Rechte der Minderheiten in Myanmar einzustehen, damit sie eines Tages in Freiheit leben können. Wir vermissen unsere Familie sehr, aber wir wissen auch, dass diese Chance ein einmaliges Geschenk ist.» 

Projektleiterin Myanmar

Weiterer Bericht:

Flüchtlingskinder entkommen Angst und Hunger

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