Gouverneur des Bundesstaats Kaduna lässt Tötung von Christen mutwillig zu

Der christliche Süden des Bundesstaats Kaduna gehört zu jenen Gebieten Nigerias, die von der islamistischen Fulani-Gewalt am meisten betroffen sind. Der Menschenrechtler Luka Binniyat betont, dass die tödlichen Übergriffe gegen Christen sprunghaft angestiegen sind, seit Mallam Nasir el-Rufai 2015 Gouverneur von Kaduna wurde.

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CSI: Die Christen in Süd-Kaduna sind gegenwärtig einer beispiellosen Verfolgung durch Fulani-Islamisten ausgesetzt. War das schon lange so?

Luka Binniyat: Nein. Die Christen von Süd-Kaduna haben viele Ungerechtigkeiten durch ehemalige muslimische Fulani-Gouverneure ertragen. Trotzdem hatten diese anerkannt, dass viele Christen gut ausgebildet waren. Sie trugen im öffentlichen Dienst die Hauptverantwortung, obwohl die meisten Spitzenpositionen durch Fulani-Muslime besetzt waren.

Doch seit der Wahl von Mallam Nasir el-Rufai zum Gouverneur 2015 werden Christen im Süden zu tausenden durch Fulani-Extremisten angegriffen. Ältere Christen in Süd-Kaduna klagen, dass sie noch nie eine solche Unterdrückung erlebt hätten.

Lassen sich diese brutalen Übergriffe beziffern?

Alle 24 Stunden wird im Süden Kadunas ein christliches Haus oder Gemeinschaft attackiert. Wir können mit der statistischen Erfassung der Angriffe kaum noch Schritt halten. Doch wir schätzen, dass 2020 umgerechnet etwa CHF 2.4 Mio. (1 Mrd. Naira) als Lösegeld an Fulani-Kämpfern bezahlt wurde, um entführte Geistliche und Familienmitglieder freizukaufen.

Zudem sind heute über 120 christliche Dorfgemeinschaften in Süd-Kaduna religiös gesäubert. Das Land der Vertriebenen wurde von Fulani-Islamisten besetzt. Mittlerweile haben sie christliche Ländereien mit einer Gesamtfläche von über 4.000 Quadratkilometer enteignet. Mindestens 205 Kirchen wurden geschlossen, ebenso mehrere christliche Schulen.

Schaut el-Rufai bei diesen Pogromen gegen Christen tatenlos zu?

Noch schlimmer: Er ist mitbeteiligt. Im August 2020 liess er den anglikanischen Bischof der Diözese Zaria, Abiodun Ogunyemi, verhaften und verklagte ihn. Dies, weil Ogunyemi ihn öffentlich für die Massenmorde und die Zerstörung von Eigentum im Süden Kadunas verantwortlich gemacht hatte.

Besonders befremdet hat mich el-Rufais Fernsehauftritt im Jahr 2016, als die Übergriffe von Fulani-Milizen gegen Christen einen traurigen Rekord erreichten. Der Gouverneur warf dabei christlichen Geistlichen vor, den Völkermord zu orchestrieren, um Hilfe von ausländischen Gebern zu erhalten.

El-Rufai hat auch kontroverse Behauptungen über die Tötung von Fulani durch Christen aufgestellt.

Ja, im Februar 2019 erklärte er, dass mehrheitlich christliche Adara-Eingeborene 130 Fulani, meist Frauen und Kinder, ermordet hätten. Kritische Journalisten fanden jedoch heraus, dass Fulani-Islamisten in ein Dorf der Adara-Ethnie eingedrungen waren und elf Menschen töteten. Der Polizeipräsident von Kaduna, Ahmad Abdulraman, bestätigte die Falschaussage von el-Rufai.

Doch die Anschuldigungen des Gouverneurs hatten fatale Folgen: Innerhalb weniger Tage begingen Fulani-Milizen einen fürchterlichen Massenmord gegen die Adara mit mindestens 800 Todesopfern. Zugleich wurden mehrere christliche Adara-Häuptlinge verhaftet. Nach 120 Tagen Haft wurden sie entlassen, da nichts Belastendes gegen sie gefunden wurde. Handkehrum wurde kein einziger Fulani-Kämpfer auch nur zur Befragung über den Völkermord an den Adara vorgeladen.

Doch als Fulani geniesst el-Rufai den Schutz der nigerianischen Regierung und deren Präsident Muhammadu Buhari, einem Verwandten.

Wie kann diese Verfolgung gestoppt werden?

Die nigerianische Regierung sollte die Frage der Sicherheit ernst nehmen. Es gibt derzeit weniger als 350’000 Polizisten und weniger als 330’000 Soldaten. Zudem sollte Gouverneur Nasir el-Rufai wegen Beihilfe zum Völkermord angeklagt werden. Schliesslich müssen Personen, die Gewaltverbrechen aufdecken, besser geschützt werden.

Was kann die internationale Gemeinschaft tun?

Die internationale Gemeinschaft sollte stärkeren politischen Druck gegen die nigerianische Regierung ausüben. Die Fulani-Nomaden müssen überdies zu einer Terrorgruppe erklärt werden. Besonders dringlich ist auch zusätzliche Hilfe für die Opfer.

Emmanuel Franklyne Ogbunwezeh, Leiter der Genozid-Prävention in Subsahara-Afrika/ Reto Baliarda

 


Prothese für Victor Markus

Im Magazin vom April 2021 wurde das tragische Schicksal des 19-jährigen Christen Victor Markus aus dem Bundesstaat Plateau beschrieben. Victor erlitt bei einem Überfall von Fulani-Islamisten derart schwere Schussverletzungen, dass das rechte Bein amputiert werden musste, um sein Leben zu retten. CSI hat einen Teil der Spitalkosten übernommen. Dafür ist Victor sehr dankbar. Er war bereits zwei Monate im Spital von Jos und hätte dieses nicht verlassen können, ohne die Rechnung zu bezahlen.

Nach anfänglicher Verzweiflung hat der junge Nigerianer neuen Mut gefasst. Besonders zuversichtlich ist er nun auch deshalb, weil er vor kurzem eine Beinprothese erhalten hat, wodurch er sich freier und unabhängiger fortbewegen kann. «Meine Freude kennt keine Grenzen», sagte er mit einem strahlenden Lächeln, während er eine Schulung zum Gebrauch der Prothese erhielt.

Victor träumt von einer weiterführenden Ausbildung, um später für seinen eigenen Lebensunterhalt und jenem seiner verwitweten Mutter aufzukommen.

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