29. Dezember 2017

Harter Alltag für die Christen im Scharia-Staat

Im nordnigerianischen Bundesstaat Kano gilt das islamische Gesetz. Die christliche Minderheit wird arg benachteiligt. Zusammen mit der Diözese von Kano unterstützt CSI christliche Dörfer mit Nahrungsmitteln und einem Gesundheitsprogramm.

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Auf ihrer Nigeria-Reise besuchten Projektmanager Franco Majok und Joel Veldkamp auch den nördlichen Bundesstaat Kano mit seiner gleichnamigen Hauptstadt und einer muslimischen Mehrheit von 95 Prozent. CSI unterstützt dort seit 2015 Entwicklungsprojekte in christlichen Dörfern. Das islamische Gesetz ist in Kano allgegenwärtig, es gibt ausschließlich Scharia-Gerichte.

Im Gegensatz zum Nordosten Nigerias, wo Boko-Haram-Extremisten nach wie vor Terror verbreiten, sind in Kano in den letzten Jahren keine Bombenanschläge gegen Christen verübt worden. Auch Entführungen sind selten. Dennoch ist die Lage prekär. Für ihre persönliche Sicherheit sind die Christen selbst verantwortlich. Jede Kirche hat ihre eigenen Sicherheitskräfte, die für den Schutz der Gläubigen auch erforderlich sind.

Vom Staat im Stich gelassen

Im Alltag werden die Christen in Kano, die vornehmlich dem Stamm der Hausa angehören, stark benachteiligt. Von staatlichen Dienstleistungen sind sie weitgehend ausgeschlossen. «All unsere Angebote wie gesundheitliche Versorgung, Nahrungsmittelverteilung und Schulen sollten eigentlich vom Staat erbracht werden», erklärt Schwester Paulina, die aus dem Süden Nigerias stammt und seit 2002 für ihren Orden «Daughters of Charity» in Kano arbeitet. Doch die Lokalbehörden hier grenzen die christlichen Dörfer aus, wo die meisten als arme Bauern kaum genug Ernteerträge aus den kargen Böden erzielen können.

In den christlichen Dörfern gibt es weder Strom- noch Wasserversorgung, und die Zufahrtsstrassen sind in einem erbärmlichen Zustand. Um das so wichtige Kommunikationsmittel, das Handy, mit dem Internet zu verbinden, müssen die Christen sich in ein muslimisches Dorf wagen, was häufig mit einem Gefühl der Angst verbunden ist.

Im Dorf Gamashina, wo CSI den Bau eines Ziehbrunnens finanzierte, sollte einst eine elektrische Leitung gelegt werden. Doch die Installation konnte nicht vollendet werden, weil der zuständige Arbeiter umgebracht wurde.

Diskriminierung in der Schule

Auch in den staatlichen Schulen wird Christen das Leben schwer gemacht. Für die Primarschule melden christliche Eltern ihre Kinder häufig unter einem anderen Namen an. Den christlichen Namen verschweigen sie, damit die Kinder nicht ausgegrenzt und schikaniert werden.

Umgekehrt kommt es vor, dass muslimische Kinder christliche Schulen besuchen, weil diese für ihren vergleichsweise hohen Standard bekannt sind. Doch die Eltern bleiben häufig misstrauisch. So wurde ein muslimisches Mädchen mit Epilepsie, das eine optimale Betreuung erhielt, wieder von der Schule der Diözese genommen. «Die Eltern befürchteten, dass wir das Mädchen zum Christentum bekehren würden», erinnert sich Paulina.

Auch bei einer späteren, höheren Ausbildung bleibt die Religionszugehörigkeit ein heikles Thema. Die CSI-Partnerin kennt eine junge christliche Studentin, die sehr talentiert ist und die Universität Bayero in Kano besucht. Um ihre Religionszugehörigkeit zu verschleiern, verwendet sie einen anderen Namen. Zu den Vorlesungen erscheint sie stets in einem Hidschab. Zu Paulina sagte sie einst: «Ich offenbare meinen Glauben niemandem. Würde ich das tun, wäre ich wahrscheinlich innert kurzer Zeit tot.»

Hilfe schenkt Hoffnung

Christen benötigen in Kano vielseitige Unterstützung, damit sie im harten Alltag, der von Armut und Diskriminierung geprägt ist, zurechtkommen. «Dank CSI können wir in neun christlichen Dörfern medizinische Versorgung anbieten, die vor allem schwangeren Frauen, Kindern und Menschen mit einer Behinderung zugutekommt», freut sich die Ordensschwester.

CSI fördert ein Ernährungsprogramm, in dem Mütter lernen, gesundes und reichhaltiges Essen zuzubereiten. Von diesem Programm profitierten zwischen November 2016 und Mai 2017 Mütter von insgesamt 5000 Kindern. Einige Mütter, die in großer Armut leben, konnten mit Hilfe eines Mikrokredits ein kleines Geschäft aufbauen. Dazu Schwester Paulina: «Wir helfen allen Menschen, auch Muslimen. Der Schwerpunkt unserer Unterstützung liegt bei Frauen und Kindern. Sie sind die Hilfsbedürftigsten.»

Reto Baliarda

 

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