Neues Leben nach brutaler Sklaverei

Amel Aken Duomo verbrachte den grössten Teil ihres jungen Lebens als Sklavin im Sudan. Ihr skrupelloser Gebieter verdrosch die wehrlose Frau wegen jeder Kleinigkeit. Amel ist froh, dass diese qualvollen Zeiten der Vergangenheit angehören.

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An ihre Entführung kann sich Amel kaum erinnern. Die heute 30-Jährige war bei jenem einschneidenden Ereignis noch ein kleines Kind. «Doch meine Mutter erzählte mir alles, als wir Sklavinnen waren. Sie erklärte, dass ich aus dem Südsudan sei und ich mich an meine wirkliche Heimat erinnern sollte.» So erfuhr Amel, dass ihre Familie in einem als Dschihad erklärten Bürgerkrieg von arabischen Kämpfern überfallen und auf barbarische Weise in den Norden des Landes verschleppt worden war. Vater und Bruder wurden von den erbarmungslosen Milizen erschossen.

Misshandelt und zwangskonvertiert

Das kleine Mädchen hatte den lebensgefährlichen Marsch in den arabischen Teil des Sudans überstanden und wurde mit ihrer Mutter im Dorf Janinia versklavt. Nach dem frühen Tod der Mutter war Amel ihrem Sklavenhalter Adam Mohammed und dessen Grossfamilie völlig ausgeliefert. Ständig wurde die rechtlose Sklavin aufs Übelste beschimpft und missbraucht. Ihr Gebieter zwang die Kleine, tagtäglich das Haus zu reinigen, die Kleider zu waschen und die Kühe zu melken. «Ich musste jede Tätigkeit sehr genau ausführen. Denn bei jedem kleinsten Fehler verprügelte mich Adam erbarmungslos», berichtet sie.

Unter gewaltigem Druck konvertierte Amel gegen ihren Willen zum Islam. Fortan musste sie muslimische Kleider tragen, die sie als sehr störend empfand. Kommt dazu, dass die junge Frau die schmerzhafte Genitalverstümmelung über sich ergehen lassen musste.

Alptraum auf der Weide

Von Adams Söhnen wurde Amel regelmässig sexuell missbraucht. «Wenn ich mit den Kühen in den Wald zur Weide gehen musste, schlichen sie sich häufig an mich heran und vergewaltigten mich. Gegen die kräftigen Burschen hatte ich keine Chance. Sie verprügelten mich bei jedem Versuch, mich zu wehren.» Der älteste Sohn verging sich besonders oft an Amel. Von ihm hat sie vier Kinder, die sie während der langen Zeit als Sklavin kaum zu sehen bekam. «Adams Familie tat alles, um die Kinder von mir fernzuhalten.»

20 Jahre waren vergangen, in denen Amel kaum etwas anderes kannte, als beschimpft, geschlagen und missbraucht zu werden. Eines Tages beobachtete sie, wie ein arabischer Händler vorbeikam, auf Adam zuging und ihm etwas gab, das sie nicht erkannte. «Ich war sehr überrascht, als der fremde Mann darauf mich ansprach und mir mitteilte, dass er mich in meine ursprüngliche Heimat zurückbringen würde.» Nun wusste sie, dass der Unbekannte ein Befreier war, der sie auf dem langen Weg in den Süden zudem rücksichtsvoll behandelte.

Glücklich im neuen Zuhause

Im Südsudan wurde Amel zusammen mit anderen 200 befreiten Sklaven von CSI herzlich empfangen. Die junge Frau war völlig überwältigt, als ihr das Team vor Ort eine eigne Milchziege überreichte, die sie voller Freude in die Arme schloss. Zudem konnte sie Utensilien für den Ackerbau sowie einen grossen Sack Hirse entgegennehmen.

Für Amel ist der Südsudan unbekanntes Neuland. Sie ist dankbar, dass sie bei der Integration in ihre ursprüngliche Dorfgemeinschaft unterstützt wird. Die einst ausgebeutete Frau hofft und betet, dass der Sklavenbefreier eines Tages auch ihre vier Kinder aus der Hand ihrer Peiniger retten und zu ihr bringen wird. Obwohl Amel von ihren Kindern getrennt ist, überwiegt bei ihr die Freude über die neu geschenkte Freiheit, die sie im Südsudan geniesst. «Seit ich hier bin, hat mich niemand rassistisch beschimpft oder geschlagen.»

Reto Baliarda

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