11. August 2016

Stirbt Maryam vor ihrer endgültigen Freilassung?

Mitte Juli 2013 begann für die vom Islam zum Christentum konvertierte Maryam Zargaran eine vierjährige Gefängnisstrafe. Ihr Gesundheitszustand ist alarmierend, auch nach dem Wiedereintritt ins Gefängnis am 27. Juni 2016. Eine adäquate Spitalbehandlung wird ihr vorenthalten.

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Den Weg zum Christentum fand die einstige Muslimin Maryam (Nasim) Naghash Zargaran, 37, durch den iranisch-amerikanischen Doppelbürger und Pastor Saeed Abedini. Maryam lernte ihn in einem Waisenhaus kennen, wo sie Musiklehrerin war. Ihr muslimischer Vorname war Nasim. Nach ihrer Hinwendung zum christlichen Glauben gründete und leitete Maryam zusammen mit Pastor Abedini um die 100 «Assemblies of God»- Hausgemeinden mit rund 2000 Mitgliedern.

Festnahme Anfang 2013

Am 15. Januar 2013 wurde Maryam Zargaran bei einem Hausgemeindetreffen in Irans Hauptstadt Teheran festgenommen. An diesem Treffen hatten auch muslimische Jugendliche teilgenommen. Im berüchtigten Evin-Gefängnis verbrachte sie 19 Tage in Untersuchungshaft. Für die muslimischen Behörden ist Evin der bevorzugte Ort, um Christen mehrere Jahre hinter Gitter zu bringen.

Im Juli 2013 wurde sie wegen «Untergrabung der nationalen Sicherheit» zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt. Wie Menschenrechtsexperten mitteilen, wird dieser Vorwurf häufig erhoben, um iranische Christen zu kriminalisieren. «Das Gericht sprach Maryam schuldig, weil sie vom Islam zum protestantischen Glauben konvertiert war, Hausgemeinden gründete und Evangelisation unter Frauen und Jugendlichen betrieb». Mit den Hausgemeinden würde sie die natio­nale Sicherheit gefährden.
Anfang November 2014, nach ihrer Rückkehr von einem kurzen Hafturlaub, wurde Maryam Opfer sexueller Übergriffe von Gefängniswärterinnen. Laut «Release International» forderten diese Maryam energisch dazu auf, sich ganz zu entblössen. Einige der Wärterinnen sollen sie dann unsittlich berührt und beleidigt haben.

Alarmierender Gesundheitszustand

Schon Jahre zuvor litt Maryam an Herzbeschwerden. Ein Loch in der Herzscheidewand zwischen den beiden Vorhöfen des Herzens wurde vor Jahren operiert. Doch nun hat ihre jahrelange Inhaftierung zur erheblichen Verschlechterung ihrer Gesundheit geführt. So leidet die Christin aktuell auch an akuten Ohren-, Kopfschmerzen, Wirbel- und Gelenkschmerzen, Gefühllosigkeit in den Gliedmassen und Depressionen. Zudem hat sie sehr viel an Gewicht verloren. Wegen ihres schlechten gesundheitlichen Zustandes gewährte ihr die Gefängnisaufsicht im Oktober 2015 Hafturlaub, damit sie hospitalisiert werden konnte. Doch bevor die Behandlung richtig anschlagen konnte, musste sie wieder zurück ins Gefängnis.

Todesgefahr nach Rückkehr ins Gefängnis

Weil ihr die Gefängnisaufsicht eine hinreichende medizinische Behandlung nach wie vor verweigerte, trat Maryam am 26. Mai 2016 in einen Hungerstreik. In den ersten vier Tagen habe sie nicht einmal Wasser getrunken, schreibt sie in einem Blog. Während ihres Hungerstreiks verweigerte Maryam auch den Empfang von Besuch. Diesem Protest schlossen sich ihre Mitinsassen an. Maryams Hungerstreik führte sie beinahe ins Koma. Nach weiteren Protesten und Medienberichten über ihren Fall sahen sich die Verantwortlichen gezwungen, für Maryam am 6. Juni 2016 vorübergehend die Gefängnistore zu öffnen.

Am 27. Juni wurde die kranke Frau zurück ins Gefängnis gebracht, bevor sie überhaupt adäquat behandelt werden konnte. Den dringlichen Antrag ihrer Familie, den Hafturlaub zu verlängern, lehnten die Behörden ab.
Laut der Facebook-Seite «Free Maryam Naghash-Zargaran» teilten iranische Sicherheitskräfte am 4. Juli 2016 Maryams Schwester Naeemeh mit, dass Maryam sofort aus dem Gefängnis entlassen würde, wenn sie zum Islam zurückkehrt. Doch Naeemeh gab zu verstehen, dass ihre Schwester an Christus festhalte.

Nur einen Tag später trat Maryam erneut in den Hungerstreik. Nebst einer umfassenden medizinischen Behandlung forderte sie damit ihre sofortige Freilassung. Die Gefängnisaufsicht untersuchte Maryam am 20. Juli 2016 und bestätigte in einem ärztlichen Protokoll ihren alarmierenden Zustand. Doch das zuständige Gericht lehnte Ende Juli den Antrag auf Entlassung ab. Wie Middle East Concern am 7. August bekannt gab, soll Maryam ihren Hungerstreik beendet haben.

Wie bei Saeed Abedini

Einer der bekanntesten ehemaligen Muslime, die wegen ihres Glaubensübertritts inhaftiert wurden, ist Pastor Saeed Abedini. Wie bei Maryam hatten auch seine Konversion und Verkündigungstätigkeit unter Muslimen zur Festnahme geführt, und zwar im Juli 2012. Internationale Proteste führten Mitte Januar 2016 zu seiner Freilassung und Ausreise in die USA.

Reto Baliarda | Max-Peter Stüssi


 

Vielfältige Repression

In der «Islamischen Republik Iran» sind christliche Treffen ausserhalb von Kirchen, so wie sie von Maryam Zargaran und Saeed Abedini organisiert wurden, verboten. Amtliche Berichte und die Medien charakterisieren regelmässig christliche Hausgemeinden als «illegale Netzwerke.» Hingegen erlaubt es die Regierung den anerkannten religiösen Minderheiten, Gemeinschaftszentren zu errichten. Für Gottesdienste in Kirchgebäuden braucht es allerdings stets eine staatliche Bewilligung.

Zwar gehören Christen, Zoroastrier und Juden zu den offiziell anerkannten religiösen Minderheiten im Iran. Entsprechend können sie frei Gottesdienste abhalten und ihre religiösen Gemeinschaften bilden. Allerdings ist jede Form von Evangelisation verboten. Zudem ist jedes Kind, das einen muslimischen Vater hat, von Gesetzes wegen Muslim. Eine Konversion vom Islam zu einem anderen Glauben gilt als Apostasie und kann sogar mit dem Tod bestraft werden.

Gemäss dem UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte im Iran sind mindestens 49 protestantische Christen inhaftiert, viele wegen ihrer Aktivitäten in Hausgemeinden. Andere Aktivisten gehen von höheren Zahlen aus.

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