Was steckt hinter den Angriffen auf Berg-Karabach?

Am 27. September 2020 starteten die aserbaidschanischen Streitkräfte eine Militäroffensive auf Berg-Karabach (auch Republik Arzach genannt), das historische Heimatland des armenisch-christlichen Volks. Die Angriffe werden von der Türkei und Dschihadisten aus Syrien unterstützt. CSI steht in Solidarität mit den belagerten und vertriebenen Christen von Berg-Karabach. Die internationale Gemeinschaft ist gefordert, damit dieser Krieg umgehend beendet werden kann.

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Was sind die Hintergründe zum erneuten Gewaltausbruch in der südkaukasischen Region Berg-Karabach? CSI beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist Berg-Karabach?

Berg-Karabach ist eine kleine Region im Kaukasusgebirge und umfasst etwa einen Zehntel der Fläche der Schweiz. Sie liegt zwischen Armenien und Aserbaidschan. Die rund 150’000 Einwohner von Berg-Karabach sind vorwiegend armenische Christen. De facto handelt es sich um eine unabhängige Republik, aber ihre Unabhängigkeit wird von den meisten Ländern weltweit nicht anerkannt.

Wer greift Berg-Karabach an?

Die Angriffe kommen von Aserbaidschan, einem erdölreichen, diktatorischen Staat, der von 1988-1990 seine eigene armenisch-christliche Bevölkerung getötet oder vertrieben hat. Die Aserbaidschaner werden von der Türkei unterstützt. Das türkische Militär leistet Luftunterstützung und transportiert Tausende von Dschihadisten vom Schlachtfeld in Syrien zum Kriegsgefecht nach Berg-Karabach.

Wer verteidigt Berg-Karabach?

Die Republik Armenien, die ein Drittel der Bevölkerung Aserbaidschans ausmacht und die sechsmal weniger für ihr Militär ausgibt als Aserbaidschan. Die Bevölkerungszahl der Türkei ist 27-mal so hoch wie jene Armeniens. Die Türkei gibt zudem 49-mal mehr Geld für die Armee aus.

Worauf geht dieser Konflikt zurück?

Während des Völkermords an den Armeniern 1915-1923 versuchten türkische und aserbaidschanische Streitkräfte, die armenische Bevölkerung auszulöschen. Als die Sowjetunion 1920 in den Kaukasus einmarschierte, eroberte sie Armenien und Aserbaidschan und setzte dem Töten ein Ende. Unter sowjetischer Herrschaft wurde Berg-Karabach in die Sowjetrepublik Aserbaidschan eingegliedert.

Als die Sowjetunion Ende der 1980er Jahre auseinanderzubrechen begann, baten die Armenier von Berg-Karabach um ihre Unabhängigkeit, während die aserbaidschanische Regierung begann, die armenische Bevölkerung anzugreifen, um sie ein für alle Mal auszulöschen. Armenien zog in den Krieg, um Berg-Karabach zu schützen. Dieser Krieg dauerte sechs Jahre.

Während der aserbaidschanischen Blockade spielte CSI eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung humanitärer Hilfe für Berg-Karabach. Schlussendlich erzwang Russland ein Ende der Kämpfe, es wurde ein Waffenstillstand vereinbart. Berg-Karabach wurde eine autonome Region.

Wie konnte es zu diesem erneuten Kriegsausbruch kommen?

Aserbaidschan verletzte am 27. September den Waffenstillstand und startete einen massiven Angriff auf Berg-Karabach. Aserbaidschan hat zivile Gebiete bombardiert, darunter auch Stepanakert, die Hauptstadt von Berg-Karabach. Gemäss dem international bekannten Kaukasus-Experten Thomas de Waal versucht Aserbaidschan, die Ablenkung der Weltöffentlichkeit durch die Corona-Pandemie und die amerikanischen Präsidentschaftswahlen dafür zu nutzen, um Berg-Karabach ein für alle Mal zu erobern.

Was geschieht, wenn Berg-Karabach fällt?

Von 1915-1923 wurde fast die gesamte armenische Bevölkerung der Türkei durch den Völkermord vernichtet. Von 1988-1990 wurden in Aserbaidschan lebende Armenier bei verheerenden Pogromen getötet und aus dem Land vertrieben. In der von Aserbaidschan kontrollierten Region Nachitschewan haben die Behörden systematisch armenische Kirchen und Denkmäler zerstört.

Als Aserbaidschan 2016 kurzzeitig ein Dorf in Berg-Karabach eroberte, haben die Soldaten die dort lebenden Armenier gefoltert und hingerichtet. Als türkisch unterstützte Dschihadisten während des syrischen Bürgerkriegs in Aleppo kämpften, entführten sie armenische Christen, Nachkommen von Überlebenden des Völkermords, und griffen sie an.

Die Signale sind klar: Wenn Aserbaidschan und die Türkei Berg-Karabach erobern, werden die dort lebenden Christen eliminiert. Somit würde eine weitere Phase des Völkermords an den Armeniern entstehen.

Was können die USA tun?

Die Türkei ist Mitglied der NATO-Allianz, die von den USA angeführt wird. Aserbaidschan erhält von den Vereinigten Staaten militärische Hilfe. Die USA müssen ein sofortiges Ende der Angriffe auf Berg-Karabach fordern. Zudem müssen sie jegliche militärische Hilfe für die Türkei und Aserbaidschan aussetzen und mit Russland und anderen Mächten in der Region zusammenarbeiten, um die Sicherheit von Berg-Karabach zu gewährleisten.

Was können die europäischen Länder tun?

Jede europäische Nation ist nun gefordert, ein unverzügliches Ende der Aggression gegen Berg-Karabach zu verlangen. Die militärische Unterstützung für die Türkei und Aserbaidschan muss unterbunden werden. Die EU, die Schweiz und andere europäische Staaten werden gebeten, mit den USA und Russland zusammenzuarbeiten, um diesen Krieg zu beenden.

Der Völkermord an den Armeniern ist nicht vorbei. Er muss unverzüglich ein Ende finden.

Joel Veldkamp

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