05. Oktober 2018

CSI-Tag 2018: Die Not der Christen nimmt vielerorts zu

Am CSI-Tag 2018 stand vor allem die Lage der Christen in Syrien, Nigeria und Sri Lanka im Fokus. Etwa 130 interessierte Besucher in Zürich und rund 70 Gäste in Lausanne erfuhren aus erster Hand, wie Christen wegen ihres Glaubens bedrängt und angegriffen werden. Es wurden aber auch Zeichen der Hoffnung sichtbar.

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CSI-Präsident Herbert Meier konstatierte bei seiner Begrüssung, dass das Leiden der verfolgten Christen in den Medien kaum erwähnt werde. Nicht zuletzt deshalb sei es Pflicht für CSI, über die Gefahren für die Religionsfreiheit zu informieren.

Sri Lanka: Zunehmende Übergriffe durch nationalistische Buddhisten

Solchen Gefahren sind die religiösen Minderheiten in Sri Lanka zusehends ausgesetzt, wie die srilankische Anwältin Esther (Name geändert) in ihrem Referat darlegte. Sie erinnerte daran, dass sich nach dem Ende des Bürgerkriegs 2009 in der mehrheitlich buddhistischen Bevölkerung die allgemeine Haltung durchsetze, einen Krieg gegen die Minderheiten gewonnen zu haben. Viele Buddhisten gingen einen Schritt weiter und forderten, dass nach dem Konflikt gegen ethnische Minderheiten nun auch gegen religiöse Minoritäten vorgegangen werden müsse. Damit sind auch die Christen gemeint. Denn das Christentum wird seit der Kolonialzeit als Gefahr aus dem Westen angesehen.

Mit dem 2015 neu gewählten Präsidenten Maithripala Sirisena keimte für die religiösen Minderheiten Hoffnung auf Besserung auf. Doch mittlerweile macht sich Ernüchterung breit.

Besonders in abgelegenen Gebieten mit buddhistischer Mehrheitsbevölkerung kommt es zudem immer wieder vor, dass extremistische buddhistische Mönche die Bevölkerung aufwiegeln. Kirchen werden zerstört, Christen bedroht, brutal angegriffen und zur Flucht gezwungen.

Auch wird ihnen der Einkauf in Läden verweigert, Gerichtsfälle werden extra hinausgezogen. Kindern wird im Extremfall der Besuch in einer staatlichen Schule verweigert. Nun kommt auch die Hetzjagd in den sozialen Medien dazu. «So wird etwa behauptet, dass Christen Sri Lanka übernehmen wollten», gibt Esther ein Beispiel. Oft sei es zudem schwierig, Angehörige zu begraben.

Auch Hindus, die etwa 13% der Bevölkerung Sri Lankas ausmachen, gehen zusehends auf die christliche Minderheit los. Hindus in Sri Lanka werden von den Hinduextremisten aus Indien stark beeinflusst und in ihren Aktivitäten gegen Christen unterstützt. Die Referentin erwähnte dabei das Beispiel einer Witwe. 

Als weitverbreitetes Problem in Sri Lanka bezeichnete Esther den Umstand, dass in ihrem Land eine Kultur des Schams herrsche. Die Verantwortungsträger bestreiten, dass es religiöse Verfolgung gäbe. Kommt dazu, dass nach einem religiösen Übergriff die Täter häufig ohne Strafe davonkommen. Die Politiker sind angewiesen auf die Stimmen der buddhistischen Mehrheit, erklärt Esther dazu.

Auf ähnliche Weise gehen die nationalistischen Extremisten seit wenigen Jahren auch auf Muslime los, die in Sri Lanka als friedlich gelten. Ein schlimmer Übergriff ereignete sich dabei im März 2018, als zwei Muslime getötet, 51 verletzt und über 100 Häuser beschädigt wurden.

Bei ihrer Arbeit zum Schutz der Christen geht die Esthers Organisation behutsam vor, mit Prävention, Intervention und Rehabilitation. So werden Christen in abgelegenen Gebieten über ihre Grundrechte informiert und Verhaltensmuster geschult. Bei der Intervention ist nebst der Mediation zwischen Opfern und Tätern vor allem die juristische Hilfe, die Christen erfahren, von Bedeutung. Dies würde auch bei den Angreifen einen Eindruck hinterlassen. Sie bekommen zu spüren, dass ihre Taten nicht in jedem Fall ungesühnt bleiben. Wichtig ist schliesslich auch die praktische Unterstützung für Opfer religiös motivierter Übergriffe.

Nigeria: Islamistische Kampagne gegen Christen

CSI-Projektmanager Franco Majok machte darauf aufmerksam, dass die Ermordung und Vertreibung der Christen in Nigeria nicht nur ein Ziel der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram sei. In den letzten Jahren seien vielmehr Islamisten aus dem Stamm der Fulani zu einer grossen Gefahr geworden: «Die Fulani-Islamisten zerstören ganze christliche Dörfer und die Regierung tut nichts dagegen», erklärte Majok.

So geschehen Ende Juni 2018 in der Nähe der zentralnigerianischen Stadt Jos. Fulani-Extremisten überfielen zehn christliche Dörfer; es gab über 200 Tote, zahlreiche Verletzte und noch mehr Obdachlose. Franco Majok berichtete dabei von einem grausamen Einzelschicksal eines Christen, der sich zum Zeitpunkt des Überfalls ausserhalb des Dorfes befand und mit seiner Frau telefonierte. «Sie wurde während des Gesprächs getötet», so der Projektmanager. CSI reiste unverzüglich hin und brachte den Flüchtlingen, die durch die schrecklichen Überfälle alles verloren haben, Lebensmittel und andere Hilfsgüter.

Die Fulani-Extremisten, so Majok, gehen gezielt auf Christen los. So publizierte Miyetti Allah, ein einflussreicher nigerianischer Fulani-Anführer, unmissverständliche Drohungen: «Ich schwöre bei Allah, dass wir niemals aufhören werden, Christen zu töten.» Es sei auch ein Akt des Unglaubens, mit den Christen Mitleid zu haben.

Kommt dazu, dass die Fulani sich zusehends im ganzen Land ausbreiten und auch im Süden ihre Verbrechen verüben. Franco Majok zeigte dem bewegten Publikum ein Bild von Priester Brendon Nwodo aus dem südnigerianischen Enugu. Fulani-Extremisten hatten ihn entführt und derart zusammengeschlagen, dass er ein Auge verlor. «Die Fulani entführen häufig Priester, um den Kopf einer christlichen Gemeinde auszuschalten und so die Gemeinschaft zu zerstören», bemerkte Franco Majok.

Als ermutigendes Beispiel erzählte der Projektmanager kurz die Geschichte von Rebecca Bitrus. Die Christin aus dem Nordosten Nigerias war von Boko Haram verschleppt und sexuell missbraucht worden. Sie brachte ein Kind zur Welt, dessen Vater ein Boko-Haram-Kämpfer ist. Nach ihrer Befreiung heiratete sie ihren Mann zum zweiten Mal.

Syrien: Das Leiden dauert an 

Auch Syrien ächzt weiterhin unter der Gefahr der Islamisten. «Unter den Extremisten leiden nicht nur die Christen, sondern auch viele Muslime, die zum Beispiel Schulbildung für ihre Töchter wollen», stellte CSI-Geschäftsführer John Eibner klar.

Zu Beginn des sogenannten «Arabischen Frühlings» habe CSI genau hingeschaut  und eine Genozidwarnung gegen religiöse Minderheiten herausgegeben. Tatsächlich kam es zu einer religiösen Säuberung. Ein vom Westen herbeigewünschter Übergang zur Demokratie habe es nie gegeben. Vielmehr wurden islamistische Rebellen durch die USA und ihre Verbündeten unterstützt.

Bei seinen zahlreichen Besuchen in Syrien hat John Eibner mit vielen Einheimischen gesprochen. «Was ihnen zugestossen ist, ist unmenschlich.» Bis heute seien rund eine halbe Million Menschen gestorben. Sieben Millionen Menschen mussten innerhalb des Landes flüchten. Sie sind jene, die am meisten vernachlässigt werden. Sie haben keine soziale Absicherung wie jene, die nach Europa geflüchtet sind.

Auch die Schweiz würde sich insbesondere durch ihre Unterstützung der Wirtschaftssanktionen gegen Syrien am Krieg beteiligen. Dies obschon der Bundesrat deren negative Konsequenzen eingestanden habe.

Von einem Frieden, so Eibner, sei Syrien weit entfernt. Die Islamisten sind nach wie vor aktiv. Und dennoch gäbe es in Syrien auch Inseln der Hoffnung und der Menschlichkeit.

Ordensschwester bittet um Hilfe für Neuanfang

Eine solche Insel ist das schier grenzenlose Engagement der CSI-Partnerin Schwester Marie-Rose. Die syrische Ordensschwester, die selbst aus Homs vertrieben wurde, arbeitet an der Mittelmeerküste unermüdlich mit traumatisierten Kindern und Frauen. Zusammen mit ihrem motivierten Freiwilligen-Team bietet sie den Betroffenen Freizeit- und Bildungsprogramme an. Dabei erlebt sie immer wieder, wie sowohl Christen, Muslime wie auch Angehörige anderer Gemeinschaften ihre Herzen öffnen.

Schwester-Marie Rose gab dem aufmerksam zuhörenden Publikum einen lebendigen Einblick in ihre Arbeit, indem sie Aussagen von betreuten Kindern und Frauen zitierte. «Im Zentrum der Schwester kann ich sechs Jahre Krieg vergessen», gab sie die Aussage eines Kindes zum Besten: «Eine Muslimin meinte gar, dass sie in unserem Zentrum gelernt habe, die religiöse Mauer zwischen ihr und den Christen zu überwinden.»

Die syrische CSI-Partnerin verschwieg jedoch nicht, dass der Krieg in ihrem Land schwerwiegende Spuren hinterlassen habe: Hass, Dialogverweigerung, Trauma. «Wir brauchen Ihre Hilfe bei einem Neuanfang und beim Wiederaufbau von Syrien», appellierte sie an das Publikum.

Die zahlreichen Besucher legten ihre Hilfsbereitschaft an den Tag: Mit Papier-Backsteinen wurde symbolisch eine zerstörte Kirche aufgebaut – alle 150 Backsteine fanden einen Käufer.

 


Stimmen zum CSI-Tag

 

Judith Swain-Köppel, Zürich

«Meine Familie unterstützt CSI seit Jahren. Ich bin zum zweiten Mal hier am CSI-Tag. Was mich sehr beeindruckt, ist der Mut und der Elan, den die CSI-Partner vor Ort an den Tag legen. Dies vor allem, wenn man bedenkt, wie wenig Solidarität sie in ihrer Heimat erhalten, gerade auch in Sri Lanka. Ich bin auch besonders davon fasziniert, wie sich Schwester Marie-Rose für die Not leidenden Frauen und Kinder in Syrien einsetzt.»

 

Ruedi Holenstein, Flawil SG

«Das Hauptanliegen von CSI, sich um die verfolgten Christen zu kümmern, liegt mir sehr am Herzen. Ich bin zum ersten Mal am CSI-Tag dabei. Ich bin tief bewegt, wie sich Schwester Marie-Rose in Syrien engagiert. Es freut mich auch, dass ich als Einzelbesucher schnell das Gespräch mit anderen Teilnehmenden gefunden habe. Ich möchte auch nächstes Jahr kommen und dann einige Bekannte von mir mitnehmen.»

 

Susan Scheidegger, Luzern

«Es bewegt mich sehr, wie sich die Partner von CSI an der Front für die Betroffenen einsetzen. Das ist ein grosser Auftrag. Auch wenn die Vorträge besonders unter die Haut gehen, wird differenziert über die Thematik berichtet und kein Druck aus der Opferrolle erzeugt. Der Beitrag über Sri Lanka hat mich besonders berührt. Ich finde das Vorgehen mit Prävention, Intervention und Wiederaufbau sehr gut. Auch überzeugt es mich, dass die Fühler ausgestreckt werden, wie man den Tätern begegnen kann. Das ist eine grosse Verantwortung von uns Christen. Ich bin über das fachliche Know-How von CSI beeindruckt.»

 

Klaus Daube, Zürich

«Ich bin erst seit kurzem mit der Arbeit von CSI vertraut und freue mich, dass die Organisation überkonfessionell arbeitet. Ich komme mir manchmal ohnmächtig vor bei der riesengrossen Not, die viele Christen erdulden müssen. Es bewegt mich, wie CSI mit vielen Hintergrundinformationen aufklärt. Bei den Referenten spürt man die Liebe und das innere Feuer für die leidenden Christen.»

 

Annelies und Hans Schaad, Alten ZH

«Wir sind seit längerem mit CSI verbunden. Wir lesen jeweils das CSI-Magazin mit Spannung und Betroffenheit. Aber es ist nochmals etwas anderes, wenn man Informationen direkt aus erster Hand erfährt wie am CSI-Tag. Wir sind sehr beeindruckt vom Mut der Frau aus Sri Lanka. Sie steht für etwas ein, das in ihrem Land weitgehend nicht akzeptiert wird. Die Lage der Christen in Nigeria macht uns auch deshalb so betroffen, weil unsere Tochter mit ihrem Mann lange in Nordnigeria gelebt hat. Wir waren selbst einmal dort. Umso tragischer ist es, dass sich die Situation für die Christen derart verschlechtert hat und sie von Fulani-Viehhütern angegriffen werden.»

 

Silvia Bamert, Kirchberg BE

«Ich kenne CSI seit zwei Jahren. Letztes Jahr war ich zum ersten Mal am CSI-Tag dabei. Mich beeindruckt die Arbeit von CSI sehr, besonders die Sklavenbefreiung, auch wenn dies am diesjährigen CSI-Tag nicht das Thema war. Auch Nigeria beschäftigt mich sehr. Umso wichtiger ist es, dass CSI hier etwas unternimmt und die Schreckenstaten der Fulani-Islamisten öffentlich bekannt macht.»

Reto Baliarda

 

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