09. Mai 2019

Endlich: Asia Bibi hat Pakistan verlassen

Endlich kann sie aufatmen: Asia Bibi erhielt die Erlaubnis, ihre Heimat Pakistan zu verlassen. Sie ist bereits ausser Landes. Wegen Blasphemievorwürfen war die Christin zum Tode verurteilt worden und sass beinahe zehn Jahre im Gefängnis. CSI hat sich jahrelang für Bibis Freilassung eingesetzt.

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Auf diese erfreuliche Meldung haben Millionen von Menschen auf der ganzen Welt gewartet: Das pakistanische Aussenministerium hat am 8. Mai 2019 bestätigt, dass Asia Bibi aus Pakistan ausgereist ist. Sie wird sich in ihrer neuen Heimat Kanada niederlassen, wo sie auch endlich ihre Familie in ihre Arme schliessen kann.

John Eibner: «Eine mutige Christin»

Seit Asia Bibis Inhaftierung im Jahre 2009 hatte sich CSI für ihre Freilassung eingesetzt. Entsprechend begrüsst CSI, dass die Regierung – wenn auch mehr als ein halbes Jahr nachdem das Oberste Gericht ihre unverzügliche Freilassung angeordnet hatte – endlich für die sichere Ausreise von Asia Bibi aus Pakistan gesorgt hat. Dazu CSI-Geschäftsführer John Eibner: «Asia Bibi ist eine mutige Christin, die auch in den schwierigsten Zeiten für ihren Glauben eingestanden ist. Ihre Freiheit ist ein Grund zur Freude. Gleichwohl sind wir sehr besorgt über die ungebrochene Macht, die islamistische Ankläger über Christen in Pakistan haben. Viele weitere Opfer von Pakistans Blasphemiegesetzen, die auf der Scharia gründen, sind nach wie vor inhaftiert oder müssen sich verstecken. CSI wird sich verstärkt für sie einsetzen, damit sie in Freiheit und Würde leben können.» Ein grosser Dank geht an die vielen CSI-Freunde und Unterstützer, die die Kampagnen für Asia Bibis Freilassung mitgetragen haben.

Der Streit und seine fatalen Folgen

Das Leid, das Asia Bibi in den letzten zehn Jahren durchgemacht hat, mutet wie ein nicht enden wollender Alptraum an: Im Juni 2009 kommt es zu einem Streit zwischen Asia Bibi und muslimischen Landarbeiterinnen, die sich weigerten, aus demselben Gefäss Wasser zu trinken wie sie. Als Christin habe sie das Gefäss verunreinigt. Beim anschliessenden Wortgefecht über Religion soll Asia Bibi gesagt haben: «Christus ist für mich gestorben. Was hat Mohammed für euch getan?» Die muslimischen Landarbeiterinnen prügelten daraufhin auf Asia Bibi ein und beschuldigten sie, den Propheten Mohammed beleidigt zu haben.

Die Blasphemie-Vorwürfe gegenüber Asia Bibi breiteten sich wie ein Lauffeuer aus. Asia Bibi wurde von einem islamistischen Mob angegriffen, der sie lynchen wollte. Die Polizei nahm sie in Untersuchungshaft. Im November 2010 wurde die zweifache Mutter wegen Verstosses gegen das Blasphemiegesetz zum Tode verurteilt. Während Menschen auf der ganzen Welt gegen das Urteil protestierten und Asia Bibis Freilassung forderten, gingen in Pakistan tausende Islamisten auf die Strasse und skandierten Todesparolen gegen die verhasste Christin. Wer sich für Asia Bibi engagierte, nahm ein grosses Risiko auf sich. So wurden die beiden hohen Politiker Salman Taseer (Gouverneur des Punjab, Muslim) und Shahbaz Bhatti (Minister für Minderheiten, Christ) 2011 durch radikale Islamisten getötet, weil sie sich für die Freilassung von Asia Bibi eingesetzt hatten.

Das Todesurteil gegen Asia Bibi wurde im Oktober 2014 vom Obergericht in Lahore bestätigt.

Heftige Massenproteste nach dem Freispruch

Vier Jahre später sprach das Oberste Gericht in Islamabad Asia Bibi von allen Vorwürfen frei. Das Gericht hob die Todesstrafe auf und ordnete die sofortige Freilassung an. Dieser Beschluss vom Oktober 2018 löste heftige Proteste islamistischer Gruppen aus. Der radikalislamische Geistliche Khadim Rivzi von der Partei Tehreek-e Labbaik Pakistan (TLP) forderte die Entlassung der Richter und Bibis Tod.

Die Massenproteste und Blockaden hörten erst auf, als die Regierung mit der TLP ein Abkommen schloss, das einen Revisionsantrag gegen das Urteil vorsah und Asia Bibis Ausreise aus Pakistan verhinderte. Am 29. Januar 2019 bestätigte das Oberste Gericht den Freispruch und hob das Ausreiseverbot für Asia Bibi auf.

Trotz diesem Beschluss konnte die freigesprochene Christin Pakistan nicht verlassen. Premierminister Imran Khan verkündete am 11. April 2019, dass sich ihre Ausreise wegen Komplikationen verzögern würde. Am 8. Mai war es endlich soweit: Asia Bibi hat Pakistan verlassen und kann mit ihrer Familie in Kanada ein neues Leben in Freiheit beginnen.

Reto Baliarda

 


 

Willkürliche Blasphemiegesetze: Asia Bibi ist kein Einzelfall

Gemäss Art. 295 des pakistanischen Strafgesetzbuchs kann mit dem Tod bestraft werden, wer sich abfällig über den Propheten Mohammed oder den Koran äussert. Die Anschuldigung wegen Blasphemie ist ein Weg, um unliebsame Personen aus dem Weg zu räumen. Weit über tausend Personen waren bisher von solchen Anschuldigungen betroffen. Blasphemie-Gerüchte führen oft zu Mobgewalt, Dutzende von Blasphemie-Verdächtigen wurden von Mobs umgebracht.

Einer der bekanntesten und grausamsten Morde ereignete sich am 4. November 2014. Damals folterten wütende Islamisten das christliche Ehepaar Shahzad Masih und Shama Bibi wegen Blasphemie-Anschuldigungen. Sie brachen den beiden die Beine, zogen sie mit einem Traktor und warfen sie schliesslich in einen brennenden Ziegelofen.

Selbst Minderjährige und geistig Beeinträchtigte werden Opfer der Blasphemiegesetze, so 2012 die damals 14-jährige Rimsha Masih, über die auch in Schweizer Medien berichtet wurde. Religiöse Minderheiten wie die Christen und Ahmadis sind von Blasphemie-Anschuldigen überproportional betroffen.

 

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