Protest: Jetzt soll die Schweiz etwas für Glaubensverfolgte tun!

Im November 2019 in Ungarn, im Juli 2019 in den USA – bei beiden Konferenzen stand die Christenverfolgung im Zentrum. Trotzdem waren sie völlig unterschiedlich. CSI-Geschäftsführer John Eibner sagt, weshalb und appelliert an die Schweiz, aktiv zu werden.

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CSI: Du hast letzte Woche an der Zweiten Internationalen Konferenz über Christenverfolgung in Budapest teilgenommen. Warum findet eine solche Konferenz in Ungarn statt?

Dr. John Eibner: Bereits vor mehreren Jahren startete die ungarische Regierung ein Programm, um den verfolgten Christen, vor allem im Nahen Osten, zu helfen. Die ungarische Regierung anerkennt das christliche Erbe des Landes und will dieses weiterführen. Ein weiterer Grund ist die Besorgnis über die Destabilisierung mehrerer Länder, insbesondere im Nahen Osten und in Westafrika. Diese Destabilisierung führt zu Verfolgung und verursacht Migrationswellen – nach Auffassung der ungarischen Regierung eine Gefahr für die nationale Sicherheit.

Ist es mehr als eine blosse Show um des politischen Gewinns willen?

Vieles in der Politik ist Show und wird zum Teil getan, weil man politischen Gewinn anstrebt. Das allein ist kein Grund, um die Konferenz zu verurteilen.

Nach meiner Auffassung tun die ungarischen Behörden mehr, als sie um der Show willen tun müssten. Sie geben zum Beispiel syrischen Kirchenführern eine Plattform und versuchen, sie mit Delegationen aus verschiedenen Ländern zu vernetzen. Sie müssten solche Dinge nicht tun, um die christliche Rechte im Land zufriedenzustellen. Sie könnten es sich einfach machen und sagen, was viele andere auch tun: Wir helfen beim Wiederaufbau christlicher Dörfer in der Ninive-Ebene. Sie tun das. Aber sie tun noch mehr und nehmen dabei das Risiko auf sich, die USA zu verprellen.

Ungarn scheint behutsam vorzugehen. US-Vertreter waren ebenfalls anwesend.

Die Ungarn sind nicht auf Konfrontationskurs; sie würden sonst vollkommen scheitern. Sie arbeiten auf der Grundlage gegenseitigen Respekts und versuchen, einen Dialog in Gang zu bringen. Es war kein Zufall, dass Putin nach Budapest kam, um Themen der Religionsfreiheit zu besprechen, nur wenige Wochen bevor die USA an diese Konferenz kamen. Ungarn ist ein kleines Land. Alles, was es tun kann, ist, die Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen, damit sie zu einem gegenseitigen Verständnis über gemeinsame Sicherheitsinteressen gelangen.

Welche Resultate hat die Konferenz gebracht?

Es wäre illusorisch zu erwarten, dass sich nach einer solchen Konferenz die Religionsfreiheit in irgendeinem Land plötzlich verbessert. Aber solche Konferenzen können die Leute wachrütteln und die Aufmerksamkeit auf ein Thema lenken.

Warum war es wichtig, dass CSI dabei war?

Ich reiste nach Budapest, weil ich eingeladen war, an zwei Podien zu sprechen. Ich bin zufrieden. Natürlich verändert meine Rede nicht die Welt, aber die Einladung zeigt die Auffassung der ungarischen Regierung und anderer NGOs: Es lohnt sich, die Stimme von CSI zu hören.

Von grossem Nutzen kann auch die Kontaktpflege sein. Ich habe Leute wiedergesehen, mit denen ich in der Vergangenheit zusammengearbeitet habe. Und ich habe auch neue Leute kennengelernt, mit denen CSI in Kontakt bleiben wird.

Kannst du ein Beispiel nennen?

Es ist zu früh, um konkret zu werden. Eine Idee ist, in Bezug auf Syrien ein Netzwerk für Religionsfreiheit mitzuentwickeln, das auch die Sanktionen kritisch thematisiert.

Im Sommer bist du an die Zweite US-Ministerkonferenz zur Förderung der Religionsfreiheit nach Washington gereist. Was fällt dir auf, wenn du die beiden Konferenzen vergleichst?

Augenfällig ist insbesondere die Übereinstimmung mit der Aus­senpolitik des Gastlands.

Das Hauptziel der US-Konferenz war, Druck gegen Kontrahenten aufzubauen: China oder den Iran. Dagegen wird etwa Saudi-Arabien, einer der schlimmsten Staaten bezüglich der Religionsfreiheit und trotzdem ein enger Verbündeter der USA, mit keinem Wort kritisiert.

Ungarn hat ganz andere aus­senpolitische Interessen. Es sieht vor allem den Nahen Osten und Westafrika als strategische Bedrohung im Zusammenhang mit der Migration. Diese Regionen kamen an der Konferenz in den USA dagegen kaum vor.

Über beide Konferenzen wurde bei uns kaum berichtet. Warum?

Ein wichtiger Grund ist, dass die Schweiz nicht hochkarätig vertreten war. Wäre zum Beispiel ein Bundesrat an die Konferenzen gereist, wäre wohl auch bei uns das Interesse gestiegen.

Was sollte die Schweiz tun?

Es geht für die Schweiz nicht einfach darum, sich den Initiativen aus den USA oder aus Ungarn anzuschliessen. Die Schweiz sollte mit CSI und weiteren Akteuren Konsultationen aufnehmen und besprechen, wie sie Religionsfreiheit wirksamer fördern und was sie für bedrängte Christen und andere diskriminierte religiöse Minderheiten tun kann. Das ist unser Appell an die Schweizer Regierung.

Adrian Hartmann | Interview vom 6. Dezember 2019

 


 

638 Ermutigungskarten für Norine und Andrew

Am Rande der Konferenz in Ungarn durfte CSI Norine und Andrew Brunson 638 Ermutigungskarten von CSI-LeserInnen über­­- reichen. Andrew sass fast zwei Jahre unschuldig in der Türkei im Gefängnis. Norine dankt: «Es war sehr wichtig für uns, dass wir Leute hatten, die für uns beteten, als Andrew im Gefängnis war.» Herzlichen Dank allen, die bei der Kartenaktion mitgemacht haben!

Berichte zu Norine und Andrew

 


 

Appelltext: Bitte fordern Sie Bundesrat Cassis auf, Religionsfreiheit zu einem wichtigen Element der schweizerischen Aussenpolitik zu machen

Herr
Bundesrat Ignazio Cassis
Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten
Bundeshaus West
3003 Bern

Sehr geehrter Herr Bundesrat

Wir gratulieren Ihnen zur Wiederwahl als Bundesrat.

In jüngster Zeit fielen gleich vier Länder mit ihrem Einsatz für bedrängte Christinnen und Christen auf: Grossbritannien, die USA, Russland und Ungarn. Wir sind der Auffassung, dass die Schweiz einen wichtigen Beitrag leisten könnte.

Wir fordern Sie deshalb auf, mit CSI und weiteren Akteuren mit Expertise zum Thema Konsultationen aufzunehmen, um zu besprechen, welchen Beitrag die Schweiz für mehr religiösen Pluralismus weltweit leisten kann.

Der Einsatz für Menschen, die wegen ihres Glaubens oder ihrer Weltanschauung diskriminiert und bedrängt werden, soll ein wichtiges Element der schweizerischen Aussenpolitik werden.

Mit vorzüglicher Hochachtung

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