30. März 2018

Viel Leid durch zunehmende Radikalisierung der Fulani

Im Staat Plateau werden Christen seit über 15 Jahren durch islamistische Fulani-Viehhüter bedrängt und attackiert. Drei Mal musste die Familie von Joshua Badung flüchten. Schließlich landete sie im Flüchtlingslager von Kuru.

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Auf ihrer letzten Nigeria-Reise besuchten die CSI-Projektmitarbeiter Franco Majok und Joel Veldkamp auch das Flüchtlingslager von Kuru im zentralnigerianischen Staat Plateau. Das Camp besteht aus einem langen Gebäude, in dem einst die Regionalregierung ihre Geschäfte abwickelte. Nun wird es von zehn christlichen Familien bewohnt, die allesamt vor Überfällen von schwer bewaffneten Fulani- Extremisten fliehen mussten. Zu ihnen gehört auch die Familie von Joshua Badung.

Tödlicher Angriff im Jahr 2001

Bis heute versteht Joshua Badung nicht, wie es so weit kommen konnte. «Wir stammen aus dem Dorf Bachit. Früher kamen wir mit den Fulani gut aus. Wir hatten keine Probleme miteinander.» Doch im Jahr 2001 änderte sich die Situation schlagartig. Am 7. September 2001 umzingelten bewaffnete Fulani-Viehhüter Bachit, feuerten wahllos Schüsse auf die Bewohner ab und töteten dabei sieben Menschen.

Joshuas Familie kam mit dem Schrecken davon und floh in die Ortschaft Rim. Als sie nach drei Jahren zurückkehrte, stand sie vor dem Nichts. Ihr Haus war abgebrannt. Vom einstigen Besitz war kaum noch etwas Brauchbares übrig. Doch Joshua fasste sich ein Herz und beschloss, wieder von vorne anzufangen. Er baute das Haus wieder auf und bestellte die Ackerfelder von neuem.

Flucht nach Rückzug der Armee

Im Jahr 2006 begann eine Serie von Überfällen auf Bachit durch Fulani-Milizen. «Doch diesmal ließen wir uns nicht einfach vertreiben. Nach dem ersten Überfall hatten wir Vorkehrungen getroffen, um unser Dorf zu verteidigen», erklärt Joshua. Die Dorfbewohner wehrten sich immer wieder mit vereinten Kräften und konnten lange auch auf die Unterstützung der nigerianischen Armee zählen, um die Fulani-Extremisten zurückzudrängen.

Doch unter ständig neuen Angriffen der schwer bewaffneten Fulani brach der Widerstand schließlich zusammen. Und als ein Militäroffizier bei einem weiteren Überfall im Jahr 2014 im Kugelhagel der Fulani getötet wurde, zogen sich die Soldaten zurück und forderten die Bewohner auf, zu fliehen.

Aus der Distanz mussten die Flüchtlingsfamilien mitansehen, wie die Fulani-Milizen ihre Häuser plünderten und dann zerstörten. Auch die Kirche wurde dem Erdboden gleichgemacht. Zudem besetzten die Angreifer die Ackerfelder.

Niedergeschlagen floh Joshuas Familie erneut nach Rim. Doch auch hier konnte sie nicht lange bleiben. Denn auch Rim blieb vor Angriffen der Fulani-Extremisten nicht verschont. So landete sie schließlich im Flüchtlingslager von Kuru.

Durch den Wahhabismus beeinflusst

Wie konnte es sein, dass die Fulani nach jahrelangem friedlichem Zusammenleben auf einmal gegen christliche Bauern vorgingen? Und wie gelangten sie an die modernen Waffen? Analysten vermuten, dass die traditionell muslimischen Fulani im Norden Nigerias durch den wahhabitischen Einfluss Saudi-Arabiens radikalisiert wurden. Die Konflikte in Libyen und in Mali haben den Waffenschmuggel durch die durchlässige Grenze zu Nigeria begünstigt.

Harte Lebensbedingungen in Kuru

In Kuru fühlt sich die Familie von Joshua Badung zwar einigermaßen sicher. Die Lebensbedingungen sind allerdings schwierig. «Die Regierung hat uns einen Ort zum Wohnen zur Verfügung gestellt. Doch abgesehen davon erhalten wir gar keine Hilfe. Wir schlagen uns selbst mehr schlecht als recht durch», bemerkt Joshua. Zwar hat er einen Acker pachten können. Doch der Besitzer beansprucht so viel von der Ernte, dass Joshuas Familie nur noch wenig davon übrig bleibt.

Die unausgewogene und mangelnde Ernährung wirkt sich auch auf die Gesundheit der Familie aus: Immer wieder wird sie von Krankheiten geplagt. Außerdem musste der sechsfache Vater sein klappriges Motorrad verkaufen, um die Arztkosten zu decken.

Unterstützung für die Familie

Die Familie Badung gibt trotz allem nicht auf. Der Besuch von CSI hat ihr neue Hoffnung geschenkt. «Sie sind die erste Organisation, die uns besucht», sagt Joshua und lässt ein leichtes Lächeln aufblitzen. CSI hat der Familie Unterstützung zugesagt. So soll sich Joshua u.a. wieder ein Motorrad anschaffen und so mit Transportdiensten ein kleines Einkommen erwirtschaften können. Damit hofft er, seinen Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen.

Ob er mit seiner Familie eines Tages in seine Heimat zurückgehen wird, ist derzeit ungewiss. Von den gut 200 Bewohnern Bachits hätte sich bislang niemand zurückgetraut. Zu groß ist die Angst vor einem weiteren Übergriff.

Reto Baliarda

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